Findet ihr es auch so gruselig, dass die Musik unserer Jugend in den 1980ern mittlerweile in die Kategorie ‚Oldies‘ einsortiert wird? Dann habe ich eine gute Nachricht für euch: Auch heute wird noch melodischer Hardrock produziert, der euch ganz und gar neu und frisch direkt in eure musikalische Jugend katapultiert (zumindest wenn ihr auch so ungefähr Jahrgang 1970 seid wie ich).
Zum Beispiel von einer Elmshorner Band, die ich zum ersten Mal bei der 6. Elmshorner Musiknacht im Mai live erlebt habe. Ich war auf die Band ‚Bad Sister‘ und ihren Gig im Industriemuseum aufmerksam geworden, weil ich deren Leadsängerin Andrea Löhndorf von der ‚Bohemian Blues Connection‘ (BBC) kannte. Meine treuen Leser*innen erinnern sich vielleicht: Das BBC-Konzert im August 2020 im ‚Knopf‘ in Ellerhoop war mein erstes Konzert nach der ersten Welle von Corona-Blues, und ich hatte hier darüber geschrieben. Damals wusste ich noch nicht, dass Andrea mit einer einzigen Band bei weitem nicht ausgelastet ist und ihre Stimme u. a. auch bei Bad Sister klingen lässt.
Erste flüchtige Bekanntschaft bei der Elmshorner Musiknacht 2022
Bei der Elmshorner Musiknacht (hier mein Bericht von 2019) passieren ja immer ziemlich viele Dinge gleichzeitig, man tingelt von Location zu Location und hört ganz viel verschiedene Musik. Kurze Wege, viel Spaß, Reizüberflutung pur. Ich erinnere mich, dass ich im Industriemuseum zu ein paar Stücken von Bad Sister getanzt und Andrea zugewunken habe. Auch, dass bei Ramelow zwischen Kleiderständern mit der aktuellen Kollektion eine recht coole Coverband spielte und fertig gemixte Mojitos aus der Flasche verkauft wurden. Und dass ich im Eiscafé Vittoria mit ein paar hübschen Damen, die möglicherweise aus Südamerika stammten, für ein paar Minuten wild Salsa tanzte. Wir stoppten auch in der Stadtbücherei, bei S Oliver und bei Not Naked by Lisan, doch an die Bands dort erinnere ich mich nur schemenhaft. Vielleicht hätte ich die Musiknacht-Gigs im Mai zeitnah hier dokumentieren sollen, dann wären die Erinnerungen irgendwie präsenter. Wie dem auch sei, das war meine erste – zugegeben eher flüchtige – Bekanntschaft mit Bad Sister. 🙂
Besuch im Probenraum am Tag der zweiten Single-Auskopplung
Nun gab es aus dem Umfeld von Andrea Löhndorf kürzlich zwei große Nachrichten: eine schlechte und eine gute. Die schlechte Nachricht war, dass sich die BBC in den Nachwehen von Corona – eine Zeit, in der sich bekanntlich viele Leute auf vielerlei Weise umorientieren – aufgelöst haben. Ich finde das wirklich jammerschade, weil ich sehr gern Bluesmusik höre und die BBC ein paarmal live erlebt habe. 😦 Doch zum Glück gibt es ja noch eine gute Nachricht zum Ausgleich: Bad Sister bringen 13 Jahre nach ihrer letzten Platte ein neues Album heraus! Am 25. November, also in knapp vier Wochen, erscheint ‚Where will you go‘, in den vergangenen Wochen bzw. Tagen sind mit ‚Lose or win‘ und ‚Couldn’t do it right‘ bereits zwei Single-Auskopplungen herausgekommen. Just am Erscheinungstag der zweiten Single ‚Couldn’t do it right‘ am 28.10.22 hatte ich die Gelegenheit, die Band in ihrem Probenraum zu treffen und ein paar Fotos zu schießen.
„Leute jenseits der 50 gehen nicht mehr so oft auf Konzerte“
Und anders als bei meiner ersten Begegnung mit der Band blieb dieses Mal ein bisschen mehr bei mir hängen. Zum Beispiel, dass die Band in ihrer Urbesetzung (Gitarrist Sven Lange, Bassist Jörn Saul, Schlagzeuger Kai-Ove Kessler) bereits seit 40 (!!) Jahren zusammen Musik macht. Der Keyboarder Andreas Läu stieß vor etwa 12 Jahren dazu, Andrea Löhndorf als Sängerin erst 2016 (also quasi vorgestern). Früher, als die Band in sämtlichen Hamburger Clubs von Docks bis Fabrik, Onkel Pö und Große Freiheit 36 und auch beim Wacken Open Air oder der Kieler Woche auftrat, waren andere Lead-Sängerinnen mit von der Partie. Heute spielt die Band vor allem im Umkreis von Elmshorn. „Es gibt nicht mehr so viele Leute, die unsere Sorte Musik hören – und wenn sind es Ältere jenseits der 50, die nicht mehr so oft auf Konzerte gehen“, erzählte mir Kai. Andererseits ist das eben auch die Generation, in der viele Menschen noch einen CD-Player besitzen und auch wissen, wie man so einen Musik-Silberling hineinschiebt. In der man noch ein physisches Produkt wie eine CD mit Booklet zu schätzen weiß. Und beim Sound von Bands wie Bon Jovi, Axe, Def Leppard, der Michael Schenker Group, Van Halen oder Midnight Oil unweigerlich anfängt, mit den Füßen zu wippen. Genau diese Leute sollten sich nun ermutigt fühlen, das neue Album von Bad Sister zu kaufen.
Video für die 3. Single wurde am Krückausperrwerk gedreht
Ich muss ja gestehen: Mit Schubladen habe ich es nicht so. Weder wenn es um das Sortieren von Menschen geht, noch bei Musik. Und so war die Information, dass Musik wie die von Bas Sister dem Genre ‚Melodic Hardrock‘ bzw. ‚AOR‘ zugeordnet wird, gänzlich neu für mich. Letzteres steht für ‚Adult Oriented Rock‘ – also Rockmusik, die sich an Erwachsene richtet. Insofern doch ein bisschen anders als damals Bon Jovi, der Mitte bis Ende der 1980er Jahre von so ziemlich jedem Mädchen zwischen 14 und 20 angeschmachtet wurde und jenseits dieser Altersgruppe vermutlich eher weniger Fans hatte. Wie auch immer: Das neue Album von Bad Sister erscheint bei dem Plattenlabel ‚Pride and Joy Music‘, das vorrangig AOR-Musik unter Vertrag hat. Demnächst wird noch eine dritte Single-Auskopplung inklusive Video erscheinen. Ich bin schon sehr gespannt darauf, weil das Video (inklusive Drohnenaufnahmen) am Krückausperrwerk gedreht wurde, wo es beinahe Ärger mit einem Schäfer gegeben hätte, der sich herzlich wenig für die bürgermeisterliche Genehmigung des Drehs interessierte. Und auch der Schleusenwärter den Schlüssel für die Schranke nur widerwillig rausrücken wollte.
Album-Release-Konzert Ende Januar 2023 im Haus 13 in Elmshorn
Die beiden ersten Videos und Songs kann man schon über die Homepage der Band, via Instagram und Facebook hören und sehen bzw. auf Spotify hören. Auf YouTube sind sie natürlich ebenfalls zu finden: hier Lose or win und hier Couldn’t do it right. Ehrlicher Old-School Rock mit der stimmgewaltigen Andrea, die tatsächlich erst mit 30 Jahren die Lust am Singen entdeckte und als Rockröhre offensichtlich ebenso viel Spaß hat wie an Jazz-Standards oder Bluesmusik. Bis zum Album-Release-Konzert müssen sich die Fans noch ein bisschen gedulden: Es findet am 28. Januar 2023 im Haus 13 in Elmshorn statt. Ich habe am Freitag bei der Bandprobe schon einen klitzekleinen Vorgeschmack auf die alten und neuen Songs bekommen, die dann gespielt werden. Und bin dabei um die Bandmitglieder herumgeturnt und habe ein paar höchst unprofessionelle Fotos geschossen. Na, aber den Spaß an der Musik sieht man ihnen hoffentlich trotzdem an!








