Seit ein paar Tagen brodelt die Gerüchteküche in Elmshorn: Wird das seit Mai 2015 geschlossene Hallenbad am Ende überhaupt nicht mehr seine Türen öffnen und ganz abgerissen, um einem Neubau zu weichen? Und wer soll das alles bezahlen?
Das Elmshorner Hallenbad ist nun schon seit beinahe fünf Monaten geschlossen. Ende Mai war eine Besucherin auf seltsame schwarze Teerbrocken aufmerksam geworden, die zwischen den Fugen des großen Beckens hervorquollen. Zunächst hieß es, man werde die Funde untersuchen, das Becken sanieren und dann nach der Sommerpause wieder eröffnen. Vergangenen Mittwoch war in den Elmshorner Nachrichten dann allerdings eine Hiobsbotschaft zu lesen: „Hallenbad Elmshorn – Nicht vor 2017 wieder offen“ Die Mängel an der technischen Einrichtung seien so groß und die Sanierung so teuer (in dem Artikel ist von 4 Millionen allein für die Instandsetzung die Rede), dass in der Politik sogar über einen möglichen Neubau diskutiert werde.
Krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
Hoppla, was steckt da denn nun dahinter? Okay, es ist sicherlich kein schöner Zustand, dass hinter den Schwimmbadkacheln Teer lauert, der krebserzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthält. Aber kann man nicht einfach die Fliesen samt ihrem Untergrund entfernen und das Becken dann mit ungefährlichen Materialien neu fliesen? So stelle ich mir das als unbedarfter Laie zumindest vor. Wie kann das so teuer sein? Und wieso diskutierten Vertreter der Fraktionen aus dem Stadtverordnetenkollegium, den Stadtwerken und einer Beratungsfirma bei einem Workshop gleich über einen möglichen Neubau und dachten laut darüber nach, ob ein kommunales Hallenbad in Elmshorn wirklich Sauna, Poollandschaft und Wasserrutsche braucht?
Die ewig Unzufriedenen haben das Schwimmbad noch nie gemocht
Zumindest in diversen Facebook-Gruppen sorgte diese Nachricht für ordentlich Wirbel. Viele äußerten Unverständnis, warum eine Sanierung so lange dauern muss. Andere prophezeiten, dass es angesichts der klammen Finanzlage Elmshorns vermutlich weder Sanierung noch Neubau geben würde, und wieder andere forderten gleich ein Konzept für einen komplett neuen Bade-Freizeitpark mit neuem Sauna- und Außenpoolbereich, Erlebnisgastronomie und Busanbindung. Und natürlich gab es die ewig Unzufriedenen, die fanden, das sei mal wieder typisch für Elmshorn, aber das Schwimmbad sei ohnehin noch nie attraktiv gewesen. Ich war bislang eigentlich recht zufrieden mit dem Angebot des hiesigen Badeparks gewesen. Immerhin habe ich seit meinem Umzug nach Elmshorn jeden Winter eine Zehnerkarte für die Sauna verbraten, ziehe im Sommer regelmäßig meine Bahnen im Freibad und habe bei einem Schwimmkurs im Badepark im Herbst 2014 an meiner Kraultechnik gearbeitet. Die Sauna ist tiptop in Schuss, und das Schwimmbad ist zwar nicht nagelneu, wirkte auf mich aber keinesfalls wie ein Fall für die Abrissbirne. Daher fragte ich mich auch nach der Lektüre etlicher Facebook-Kommentare weiterhin, was denn nun wirklich Sache ist. Also wandte ich mich in einer Mail an die Stadtwerke, die ja immerhin Betreiber des Badeparks sind und damit am ehesten Bescheid wissen müssten.
Fliesen samt Untergrund rausschlagen oder Stahlbecken einsetzen
Überraschenderweise rief mich kurze Zeit später Sören Schuhknecht an, seines Zeichens immerhin Werkleiter der Elmshorner Stadtwerke und seit gut drei Jahren im Amt. Er erklärte mir bereitwillig, was hinter den aktuellen Meldungen steckt. Die Teerbrocken seien zwar gesundheitsschädlich, doch vom Wasser im Schwimmbad sei keine gesundheitliche Gefahr ausgegangen: „Da hätte man schon das ganze Becken leertrinken müssen.“ Na immerhin, das ist ja schon einmal eine gute Nachricht. Allerdings müsse man verhindern, dass das Material weiterhin durch die Fugen austritt – und damit wird es halt kompliziert. „Um so ein Becken zu sanieren, muss man entweder alle Fliesen samt Untergrund herausschlagen, oder man muss ein Stahlbecken einsetzen“, sagte Sören Schuhknecht. Das allein sei mit rund 3 Millionen Euro bereits sehr teuer. Ist es wirklich so teuer, ein Schwimmbecken neu zu fliesen? Ich überschlug im Kopf, was uns der Fliesenleger für die Sanierung unseres Badezimmers in Rechnung gestellt hatte. So ein Schwimmbad hat natürlich ein Vielfaches der Quadratmeter Fläche… ja, ich sehe ein, dass das teuer wird.

So ein Schwimmbad braucht ein paar mehr Kacheln als mein Badezimmer – ok, ich sehe ein, dass das teuer wird…
Seit 1969 hat sich auch die Nutzerstruktur geändert
Und genau das war der Punkt, auf den Sören Schuhknecht als nächste einging: „Wenn man derart viel Geld in die Hand nehmen muss, dann muss auch die Frage nach einem Abriss und Neubau erlaubt sein.“ Die Sanierung eines alten Gebäudes berge schließlich immer gewisse Risiken: „Man weiß nie, was man als nächstes entdeckt, wenn man ein bisschen weiter in die Tiefe bohrt – das kann jeder bestätigen, der schon mal ein altes Haus gekauft hat“, sagte Sören Schuhknecht. Außerdem habe sich seit der Eröffnung des Hallenbades im Jahre 1969, als Schwimmbäder noch öffentliche Badeanstalten hießen, einiges geändert – auch in der Nutzerstruktur. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung steige, da seien in Zukunft möglicherweise mehr gesundheitsorientierte Präventionskurse und weniger Spaßrutschen gefragt. Über all diese Fragen habe man im Rahmen des Workshops gesprochen und sei übereingekommen, dass die Stadtwerke noch in 2015 eruieren sollen, was für ein Hallenbad in Elmshorn gebraucht wird und was finanziell machbar ist. „Nicht alle Ideen, die bei unserem Workshop von den Fraktionen präsentiert wurden, sind finanziell umsetzbar“, bedauerte Sören Schuhknecht.
Die Möglichkeit zum Schwimmen gehört zur Daseinsfürsorge
Wenn dann klar ist, was für ein Hallenbad sich Elmshorn leisten kann und möchte, dann müsse angesichts der Summen, um die es dabei geht, eine europaweite Ausschreibung gemacht werden, was den Ablauf leider weiter verzögere. Das ist nicht schön, aber Meckern und Jammern helfen in solchen Situationen nun einmal nicht. Und ich muss Sören Schuhknecht auch recht geben, wenn er sagt, dass sich Elmshorn mit seinem Angebot für Schwimmer generell nicht zu verstecken braucht: Es gibt eine Hallenbad mit Schwimmer-, Nichtschwimmer- und Spaßbereich, eine schöne Saunalandschaft und ein Freibad mit 50-Meter-Becken, das im Winter für das Training der Vereine zum Traglufthallenbad umfunktioniert wird. „Wir sind auch für die Daseinsfürsorge in Elmshorn mit verantwortlich“, betonte Sören Schuhknecht. Sprich: für das Training von Schulklassen und Sportvereinen ebenso wie für das allgemeine Schwimmvergnügen. Mein ganz persönliches Schwimmvergnügen ist durch das geschlossene Hallenbad nicht sonderlich getrübt. So lange das Hallenbad nicht zur Verfügung steht, können auch Privatpersonen die Bahnen der Tragluftschwimmhalle nutzen um ihre Bahnen zu ziehen. Die Sauna bleibt geöffnet und steht bei den aktuellen Überlegungen zu Sanierung oder Neubau auch überhaupt nicht zur Disposition. Blöd ist die Situation allerdings für Familien mit kleinen Kindern, die gern im warmen und maximal knietiefen Wasser planschen wollen oder Spaß am Rutschen haben. Die müssen nun leider auf absehbare Zeit erst einmal auf andere Bäder wie Itzehoe oder Barmstedt ausweichen Wer eine etwas längere Fahrt nicht scheut, kann auch in eines der vielen Hamburger Spaßbäder, ins Arriba in Norderstedt oder in die Holstentherme in Kaltenkirchen fahren. Das Pinneberger Hallenbad ist derzeit leider ebenfalls wegen Instandsetzungsarbeiten geschlossen – allerdings nur bis 22. November 2015.
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