Elmshorn für Anfänger

Geschichten von einer, die auszog, im Hamburger Speckgürtel zu leben. Eine pragmatische Liebeserklärung.

Solidarität mit der Ukraine: Das ist mein Elmshorn!

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Heute Nachmittag haben insgesamt rund 1.500 Menschen in der Elmshorner City gegen Putins Krieg gegen die Ukraine demonstriert. So viele gelbe und blaue Jacken, Mützen oder Schals sieht man sonst nicht im Stadtbild. Noch mehr beeindruckt hat mich allerdings die friedliche Stimmung und die Einigkeit der Teilnehmenden.

Zu der Demonstration aufgerufen hatte das Bündnis für Demokratie Elmshorn, dem sich eine Reihe politischer Parteien, Gewerkschaften und andere Organisationen zusammengeschlossen haben. Es wollte ein Zeichen setzen gegen Putins Angriffskrieg auf die Ukraine, für die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und auf der Flucht vor dem Krieg.

Es ging los mit ersten Redebeiträgen und musikalischen Einlagen bei der Auftaktkundgebung am Alten Markt, nach denen sich der Demonstrationszug über Wedenkamp und Schulstraße Richtung Bahnhof bewegte. Beim Zwischenstopp am Holstenplatz folgten weitere musikalische und Redebeiträge, dann ging es über die Berliner Straße an der abrissreifen alten Post vorbei zurück zum Alten Markt für letzte Wort- und Gesagsbeiträge bei der Abschlussversammlung. Insgesamt waren wir über zwei Stunden auf den Beinen, und so wunderte es mich nicht, dass sich der Kreis der Teilnehmenden nach der Zwischenkundgebung am Holstenplatz doch ganz erheblich ausdünnte. Doch zu Beginn und während des Marschs durch die Innenstadt waren wirklich erstaunlich viele Menschen mit dabei – als ich zunächst einen Polizisten fragte, sprach er von 500 angemeldeten Teilnehmenden, schätzte die Zahl aber eher auf mindestens 700 bis 800. Ein Ordner der Demo am Holstenplatz nannte mir „etwa elfhundert“ als Zwischenstand, und bei der Abschlusskundgebung wurde dann die offizielle Zahl von 1.500 Teilnehmenden bekanntgegeben.

Das Willkommensteam steht bereit zu helfen

Die Veranstaltung wurde von der SPD-Landtagsabgeordneten Beate Raudies moderiert und startete mit einer Begrüßung durch Elmshorns Bürgermeister Volker Hatje. Der lobte die Hilfs- und Spendebereitschaft der Elmshorner:innen und – was mich als aktives Mitglied im Willkommensteam, für das ich seit vielen Jahren die Homepage und Pressearbeit betreue, natürlich besonders freute – wies auch darauf hin, dass das Willkommensteam (wie schon in der Flüchtlingskrise von 2015 und den Folgejahren) bereitsteht um Menschen aus der Ukraine zu unterstützen, die es in nächster Zeit nach Elmshorn verschlagen wird. Die Stadt Elmshorn bereitet sich natürlich längst intensiv auf die Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden vor.

Proteste in Russland verdienen unseren größten Respekt

Den meisten Redebeiträgen konnte ich voll und ganz zustimmen: Wir verurteilen Putins Angriffskrieg, fordern einen sofortigen Rückzug der russischen Truppen, wollen aktiv Solidarität mit der Ukraine zeigen und wollen Schutzsuchende aller Nationalitäten, Hautfarben und Religionen bei uns willkommen heißen. Wir wollen die Aggressoren im Kreml nicht gleichsetzen mit der russischen Bevölkerung, die in weiten Teilen ebenfalls keinen Krieg will. Wir befürworten die Wirtschaftssanktionen gegen Russland, auch wenn sie uns wehtun. Wir hoffen, dass die jüngste ‚Zeitenwende‘ in der Politik nicht ins erneute Wettrüsten führt. Wir sind dankbar für die Möglichkeit, dass wir hierzulande jederzeit frei versammeln und unsere Meinung zum Ausdruck bringen können – ganz anders als die Menschen in Russland, deren Protest gegen den Krieg deshalb umso mehr Respekt verdient. Wir wollen, dass Deutschland unabhängig von russischem Gas wird und dafür vorrangig auf erneuerbare Energien setzt, weil auch in diesen Zeiten der Klimaschutz nicht vergessen werden darf. Für all diese Aussagen von Vertreter:innen von Grünen, SPD, Linken, CDU, Volt, Fridays for Future, Kirchen- und Gewerkschaftsvertreter:innen gab zum Teil großen Applaus aus der Menge.

Vertreter der Friedensbewegung wirkte etwas aus der Zeit gefallen

Nur der Vertreter des Friedensnetzwerks Pinneberg, der sich – getreu dem Motto „Frieden schaffen ohne Waffen“ gegen jegliche Militärhilfe und Wirtschaftssanktionen und auch das 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr aussprach, wirkte etwas aus der Zeit gefallen und konnte keine Sympathiepunkte sammeln. Auch in den Applauspausen seiner Rede blieb es still. Offenbar sah die Mehrheit der Leute bei der Kundgebung – mich eingeschlossen – keine allzu großen Erfolgschancen in einer ausschließlich diplomatischen Strategie. Wir alle haben vermutlich als Kinder die Ermahnung von unseren Eltern gehört „Verteidige dich mit Worten, nicht mit Fäusten!“. Doch spätestens im Erwachsenenalter stellen die meisten von uns fest, dass es in dieser Welt leider doch etliche Zeitgenossen gibt, die sich nicht um die Macht der Worte scheren und auf dem Faustrecht beharren. Der ehemalige KGB-Agent und heutige russische Machthaber Wladimir Putin ist mit Sicherheit einer von dieser Sorte. Von Gesprächen allein – die man ganz sicher nicht aufgeben sollte – wird er sich kaum beeindrucken lassen. Genau deshalb wird mir bei dem Gedanken durchaus mulmig, dass unsere Bundeswehr im Kriegsfall aufgrund defekter Ausrüstung und vorsintflutlicher Beschaffungsprozesse kaum in der Lage wäre, die Bundesrepublik zu verteidigen. Und daher begrüße ich – tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben – die Idee, die Bundeswehr besser auszustatten, damit wir im Ernstfall auch dialogscheuen und kriegslüsternen Despoten etwas entgegenzusetzen haben.

Gänsehautmomente bei den Gesangsbeiträgen

Schön fand ich, dass die vielen Redebeiträge sich auch mit ein paar musikalischen Einlagen abwechselten. Als Thorsten Mann-Raudies „Sag mir, wo die Blumen sind“ intonierte, sangen oder summten viele Menschen hinter ihren Masken mit. Und auch als auf dem Holstenplatz die in Elmshorn ansässige Ukrainerin Natalia Polaczek die ukrainische Nationalhymne anstimmte, gab es in der Menge ein paar Menschen, die mitsangen, während sie mit ernster Miene ihre Landesflagge hochhielten. Das waren für mich echte Gänsehautmomente.

Es tut gut, sich unseres Zusammenhalts zu vergewissern

Ich bin froh, dass ich heute bei der Demo mit dabei war. Es ist wichtig, dass wir den Menschen in der Ukraine zeigen, dass wir an sie denken und uns mit ihnen solidarisieren. Dass wir auch unserer Regierung zeigen, was wir von ihrem außenpolitischen Kurs halten – ich persönlich bin mit diesem zurzeit ganz überwiegend einverstanden. Doch auch uns als Zivilgesellschaft tut es gut, uns in einer größeren Gruppe zu treffen, uns unseres Zusammenhalts zu vergewissern, in andere besorgte Gesichter zu blicken, gemeinsam zu demonstrieren und aus den Augenwinkeln zu registrieren, dass auch andere bei so manchen Redebeiträgen mit den Tränen kämpfen. Dass heute so viele Menschen allen Alters in Elmshorn dabei waren, macht mir Mut – vor allem weil es in den vergangenen Monaten eher die selbsternannten Querdenker waren, die mit ihren ‚Spaziergängen‘ Gruppenstärke demonstrieren wollten. Es freut mich, dass der Alte Markt heute von so viel mehr Menschen bevölkert wurde, die nicht etwa gegen eine vermeintliche ‚Impf-Diktatur‘ protestieren, sondern sich mit den Opfern einer lupenreinen echten Diktatur solidarisieren wollten. Das ist mein Elmshorn! Ich hoffe, dass bei der nächsten Veranstaltung dieser Art mindestens ebenso viele Menschen zusammenkommen.

Und hier noch ein paar Foto-Impressionen von der Veranstaltung:

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