Nach einer knappen Woche Maskenpflicht wundere ich mich über etliche verschiedene Tragevarianten bei Gesichtsmasken. Noch mehr irritiert mich allerdings, dass man neuerdings offenbar wieder „sozialverträgliches Frühableben“ fordern darf – und zwar ganz ohne begleitende Rücktrittsforderungen. Unklar ist mir, warum Elmshorner Geschäfte so unterschiedlich viele Kunden gleichzeitig in ihre Läden lassen. Und dann gab es da noch unseren Hochzeitstag, der dieses Jahr ausnahmsreise im Home Restaurant gefeiert wurde.
Seit vergangenem Mittwoch darf man in Schleswig-Holstein Busse und Bahnen sowie Geschäfte nur noch mit Mund-Nasen-Schutz betreten. Ob selbstgenähte Maske, OP-Mundschutz oder Schlauchschal ist eigentlich egal, Hauptsache Mund und Nase sind bedeckt. Doch wenn ich mich draußen mal umschaue, entdecke ich unglaublich viele verschiedene Tragevarianten, die mich daran zweifeln lassen, dass die breite Mehrheit den Sinn von Gesichtsmasken wirklich verstanden hat.
Fehler Nummer 1: Tragen der Maske als Laschette
Der häufigste Fehler beim Maskentragen ist eine Tragevariante, die
in Fachkreisen auf Twitter mittlerweile als „Laschetten“ bezeichnet wird. Sprich: Man orientiert sich beim Anlegen der Maske am nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, der beim PR-Termin in einem Krankenhaus einfach den Riechrüssel draußen ließ. Und schon trägt sich so eine lästige Maske gleich viel bequemer, versprochen. Bis auf dass sie eben nicht mehr ihre Funktion erfüllt. Welche war das doch gleich? Stimmt: Die Maske soll meinem Umfeld einen gewissen Schutz davor bieten, von mir angehustet, angeniest und angeatmet zu werden. Für’s Husten ist der Mund zuständig, Niesen und Atmen sind aber durchaus Nasensache. Also bitte den Gesichtsschutz über der Nase tragen, nicht darunter. Auch wenn dann schnell die Brille beschlägt.
Fehler Nummer 2: Ständiges Herumzuppeln
Eine weitere häufig zu beobachtende Tragevariante: Maske korrekt anlegen, dann aber ständig mit den Fingern daran herumzuppeln. Am Gummiband, das sie hinter den Ohren hält. Am Maskenrand, weil die Brille verrutscht. Auf der Stofffläche, weil natürlich unmittelbar nach Anlegen die Nase unter der Maske zu jucken beginnt. Ich oute mich gleich mal: Das ist meine (suboptimale) Tragevariante. Suboptimal deshalb, weil ich dann genau das mache, was ich eigentlich tunlichst vermeiden sollte, nämlich mir ständig ins Gesicht zu fassen. Für den Fall, dass vor mir jemand den Einkaufswagen benutzt hat, der keine Maske tragen muss (es gibt ja Ausnahmeregelungen für Menschen, die unter einer Maske Luftnot oder Angstzustände etc. bekommen) und dann den Handgriff des Wagens angeniest hat, hätte ich die Arschkarte gezogen. Zumindest, wenn dieser Mensch das Virus in sich trägt, sein Sekret auf dem Einkaufswagen noch frisch genug ist und ich mir auch wirklich gründlich am Maskengesicht herumzuppele, nachdem ich den Haltegriff angefasst habe.
Erinnerungen an mein Kopftuch beim Iranbesuch in 1997
Dieses ganze Zupfen und Zurechtrücken an einem Stück Stoff erinnert mich übrigens an meine erste und einzige Reise in den Iran im Frühsommer 1997. Ich war mit meinem iranischstämmigen Ex-Mann und meinem Sohn dorthin geflogen, um seine Familie in Teheran zu besuchen. Wie alle iranischen Frauen auch, musste ich Mantel und Kopftuch tragen – bei ungefähr 30 Grad Außentemperatur nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Außerdem neigt so ein Kopftuch auch ständig zum Verrutschen, sodass ich quasi immer eine Hand am Tuch hatte, um es wieder in Position zu rücken. Ein paar Strähnen zu viel sichtbares Haar hätten mir ordentlich Ärger mit der Sittenpolizei „Pasdaran“ einhandeln können, daher fügte ich mich in die Situation und achtete eben ständig auf den Sitz dieses blöden Stücks Stoff. Super nervig. Hier und heute gibt es zum Glück keine Infektionsschutzpolizei, die den korrekten Sitz der Gesichtsmasken prüft und bei Verstößen drakomische Strafen verhängt. Doch das Stoffgezuppel erinnert mich eben doch an meinen Aufenthalt im Iran. Auch den Wunsch, ein eigentlich ungeliebtes Stück Stoff zu einem modischen Accessoire hochzustilisieren, kenne ich aus dem Iran. Obwohl ich nur für drei Wochen dort war und mir gleich am ersten Tag einen langen luftigen Mantel (dezentes Graugrün) nebst farblich passendem Kopftuch (schwarz-grün-gemustert) gekauft hatte, war ich in großer Versuchung, mir noch ein paar alternative Outfits zuzulegen, einfach um mich ein bisschen variantenreicher kleiden und ein bisschen selbstbestimmgter mit einer blöden behördlichen Auflage umgehen zu können. Habe ich zum Glück nicht gemacht – nach dem Urlaub hätte ich mich auch gehörig geärgert, denn was hätte ich in Deutschland mit mehreren langen Mänteln und Kopftüchern anfangen sollen? Dem aktuellen Verlangen, mehrere Masken in verschiedenen Farben und Mustern zu besitzen, gebe ich allerdings nach. Zumal man die Masken ja auch regelmäßig waschen muss und derzeit auch noch gar nicht absehbar ist, wann man wieder mit unbedecktem Gesicht Geschäfte und ÖPNV betreten darf.
Sozialverträgliches Frühableben à la Palmer und Püschel
Während man über die obigen Beobachtungen vielleicht noch schmunzeln kann, packt mich bei anderen aktuellen Diskussionen dagegen das kalte Grausen. Da fordert doch tatsächlich der Bürgermeister Tübingens, Boris Palmer, Lockerungen der Corona-Kontaktbeschränkungen mit der Begründung: „Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären.“ (Heute ganz frisch berichtet der Tagesspiegel übrigens, dass viele bei den Grünen wegen dieser Äußerungen nun seinen Parteiausschluss fordern.) Boris Palmers Haltung deckt sich mit der von Prof. Klaus Püschel, Rechtsmediziner am UKE Hamburg. Püschel findet die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ebenfalls überzogen und betont, die von ihm untersuchten Corona-Toten wären „alle im Verlauf dieses Jahres gestorben“. Nun ist Püschel sicherlich ein versierter und erfahrener Pathologe. Doch wie lange ein Mensch auch angesichts schwerer Vorerkrankungen noch zu leben hat, kann auch er nicht sicher beziffern, mur weil er den Betreffenden aufgeschnitten und in seinen Körper hineingeschaut hat. Dass sich Ärzte immer wieder auch mal irren, wenn es um die voraussichtliche Lebenserwartung kranker Menschen geht, zeigt dieser Tweet, der mich hierzu diese Woche beeindruckt hat. Leider erinnert mich dieses abschätzige Gerede über alte Menschen mit Vorerkrankungen sehr an den Begriff „sozialverträgliches Frühableben“, das es 1998 zum Unwort des Jahres geschafft hat. Es wurde vom damaligen Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Karsten Vilmar, in die öffentliche Diskussion gebracht. Eigentlich hatte er mit der Formulierung die Sparpläne der Bundesregierung kritisieren wollen, doch die Ironie war vielen nicht deutlich genug gewesen. Damals gab es viele Stimmen, die Vilmars Rücktritt forderten. Heute kann man dergleichen offenbar völlig ungestraft äußern. Gruselig.
Warum dürfen so unterschiedlich viele Menschen in die Ladenlokale?
Doch zurück nach Elmshorn, schließlich ist dies ein Lokal-Blog. Gestern haben uns Christoph und ich bei einem abendlichen Spaziergang in der Innenstadt ein wenig die Beine vertreten. Dabei habe ich einmal darauf geachtet, was für Aushänge bei den verschiedenen Geschäften im Eingangsbereich hingen. Aktuell ist in Schleswig-Holstein ja vorgesehen, dass sich im Einzelhandel maximal ein Kunde pro 10 Quadratmeter Ladenfläche im Geschäft aufhalten darf, nachzulesen hier. Doch bei manchen Läden frage ich mich, ob die per Aushang angegebene maximale Kundenzahl wirklich mit der Ladenfläche korrespondiert. So dürfen maximal drei Leute gleichzeitig in die Boutique Sangeeta am Alten Markt und nur vier Menschen in die (meines Erachtens ziemlich geräumige) Boutique Not Naked by Lisan am Holstenplatz. Doch den engen Tschibo-Laden dürfen 10 Personen betreten, bei Takko ist für 30 Menschen Platz, bei Jeans Fritz sogar für 31? Ich bin nun nicht besonders gut darin, Flächen korrekt zu schätzen, doch das kommt mir zum Teil ein bisschen komisch vor. Oder wie seht ihr das?
Hochzeitstag im Home Restaurant statt schick und teuer auswärts
Am Donnerstag hatten Christoph und ich unseren 9. Hochzeitstag. In den vergangenen Jahren haben wir ihn immer mit einem leckeren Essen in einem Restaurant gefeiert. Meist haben wir uns dafür ein Restaurant in Hamburg ausgesucht, das bei der Aktion „Lieblingsmenü“ des Hamburger Abendblatts mitmacht. Da entwickeln immer mehrere eher hochpreisige Restaurants Fünf-Gänge-Menüs mit passender Weinbegleitung, die sie im Aktionszeitraum gegen den Abendblatt-Gutschein für 67 Euro anbieten. Nix für alle Tage natürlich, aber für den Anlass des Hochzeitstags eben schon. Bislang fanden wir immer, dass man da ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis geboten bekommt, und waren außerdem froh über die Möglichkeit, auf diese Weise verschiedene Top-Restaurants in Hamburg kennen zu lernen. Dieses Jahr hatten wir einen Tisch im Weißen Haus im Museumshafen Övelgönne reserviert – doch dann machte uns Corona einen Strich durch die Rechnung. Aber Virus hin oder her – an unserem Hochzeitstag wollten wir nicht in Jogginghose auf der Couch herumlungern. Also bereitete Christoph ein tolles Drei-Gänge Menü vor: Gemischter Blattsalat mit Garnelen, gegrillte Dorade mit Ofenkartoffeln und Bohnen, als Dessert selbstgemachtes Vanilleeis. Wir warfen uns in Schale und spielten dann Home Restaurant. Es war ein wunderschöner Jahrestag, auch wenn wir uns schon sehr darauf freuen, baldmöglichst unseren Gutschein im Weißen Haus einzulösen.
Tipps für die schnelle und leckere Corona-Küche
Wenn ihr in den nächsten Tagen eher nach Ideen für ein fixes selbstgekochtes Essen im Home Office sucht, dann kann ich euch die beiden folgenden Kreationen ans Herz legen: Pasta mit Spargel, Blattspinat und Räucherlachs (Pasta kochen, Spargel ebenfalls kochen und dann mit Blattspinat und Räucherlachs in Kräuterbutter schwenken, am Ende alles in der Pfanne mixen) und hartgekochte Eier mit Kartoffeln in Senfsaude (Eier und Kartoffeln kochen, Sauce aus Süßsenf, Milch und Creme fraiche in einem Topf erhitzen, Eier und Kartoffeln pellen und hineinwerfen). Guten Appetit!
Aktuelle Zahl der gemeldeten Covid-19-Fälle in Schleswig-Holstein
Abschließend gebe ich euch wieder den Inhalt der heutigen Pressemitteilung der Landesregierung weiter, die da schreibt (und übrigens endlich auch wieder eine grafische Darstellung nun auch inklusive gescheiter Überschriften anbietet):
Nachfolgend erhalten Sie die Anzahl der an die Landesmeldestelle gemeldeten Covid19-Fälle, Datenstand 02.05.2020, mit einer Zusammenfassung vom 01.5.2020. Nach der vollzogenen technischen Anpassungen im Meldesystem des RKI finden Sie die Daten aus Schleswig-Holstein der Landesmeldestelle , Institut für Infektionsmedizin an der CAU, auch in einer grafischen Übersicht hier: https://www.infmed.uni-kiel.de/de/epidemiologie/covid-19
Gemeldete Fälle: 2723 Fälle wurden bislang seit Beginn der Epidemie insgesamt in Schleswig-Holstein an die Landesmeldestelle gemeldet (+ 14 im Vergleich zur Meldung am Vortag).
Genesene Personen: Die Anzahl inzwischen genesener Personen ist nicht meldepflichtig und daher nicht statistisch bei der Landesmeldestelle erfasst. Das Robert-Koch-Institut (RKI) nimmt jedoch auf Basis verschiedener Faktoren wie z.B. Krankheitsbeginn und Krankheitsdauer Schätzungen zur Anzahl genesener Personen vor. Demnach sind in Schleswig-Holstein derzeit seit Beginn der Epidemie 2200 Personen genesen.
Todesfälle: 112 Todesfälle sind im Zusammenhang mit der Viruserkrankung gemeldet (+1 Pinneberg, +1 Stormarn) im Vergleich zur Meldung am Vortag. Enthalten ist ein Todesfall in Ägypten, der Schleswig-Holstein zugerechnet wird, da der Verstorbene Einwohner in Schleswig-Holstein war.
Hospitalisierung in Schleswig-Holstein derzeit: 71 Personen befinden sich derzeit in klinischer Behandlung (– 3 im Vergleich zur Meldung am Vortag).
Basis für die Daten sind die Zahlen, die die Kreise und kreisfreien Städte auf dem offiziellen Meldeweg der Landesmeldestelle und dem RKI mitteilen. Da die Datenerfassung, Übermittlung sowie gegebenenfalls auch technische Anpassungen Zeit benötigt, können Abweichungen von den vor Ort kommunizierten Fällen entstehen. Im Einzelfall kann es auch zu einer Reduzierung der gemeldeten Fälle kommen, z.B. wenn sich eine Meldung nicht bestätigt hat. Die Daten des RKI – die einen zeitlichen Versatz zu Kreis- oder Landesdaten haben können – finden Sie auch hier: https://corona.rki.de Zum Aufrufen des „Dashboards“wird ein aktueller Internet-Browser benötigt. Durch einen Klick auf das entsprechende Bundeslandkönnen die jeweiligen Daten aufgerufen werden.
Fragen und Antworten finden Sie hier: https://schleswig-holstein.de/coronavirus und https://schleswig-holstein.de/coronavirus-faq
Last but not least wieder meine Empfehlungen für die weitere Lektüre bzw. seriöse Quellen zum Thema Corona:
Über politische Entscheidungen hier in Schleswig-Holstein rund um die Corona-Pandemie informiert man sich am besten auf der Seite der Landesregierung, die hier alle Infos zur Pandemie bündelt. Die entsprechenden Infos aus Hamburg findet man hier.
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) pflegt mit Eurotopics einen Kanal, in dem themenbezogen internationale Pressestimmen gebündelt werden. Hier wurde auch ein Dossier zum Coronavirus eingerichtet.
Das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlicht auf seiner Seite täglich aktualisierte Informationen zu Fallzahlen, Risikogebieten, Meldepflichten etc.
Das Willkommensteam für Flüchtlinge Elmshorn hat auf seiner Seite Kurzinfos über Corona sowie Hygienetipps in diversen Sprachen gesammelt (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Arabisch, Persisch/Dari, Tigrinya, Russisch, Bosnisch, Somali). Bitte leitet sie weiter an Menschen, die nicht gut Deutsch verstehen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betreibt ein Corona-Dashboard in dem man tagesaktuell die internationalen Fallzahlen nachlesen kann. Auch für Deutschland gibt es ein Corona-Dashboard, das vom RKI betrieben wird und auch Geo-Informationsdaten zur Verbreitung von Corona in Deutschland auf Basis bis auf Landkreis-Ebene enthält.
Ganz besonders ans Herz legen möchte ich euch den NDR-Podcast mit Prof. Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charité. Er ist einer der führenden Experten für Coronaviren und kommentiert wissenschaftlich fundiert sowie wohltuend sachlich die aktuelle Lage. Wir hören das inzwischen jeden Tag.
Wer an harten medizinischen Fakten interessiert ist, kann sich auch die Dossiers der Fachverlage ansehen. So bündelt die Thieme-Gruppe die im Unternehmen verfügbaren relevanten Inhalte auf einer Seite. Dazu gehören unter anderem fundierte Patienteninformationen inklusive Symptom-Checker, ein Online-Kurs zu COVID-19, relevante Inhalte aus Thieme Fachzeitschriften und Büchern sowie aktuelle Stellungnahmen verschiedener Fachgesellschaften. Ziemlich wissenschaftlich geht es bei der Elsevier-Gruppe zu, die ebenfalls ein umfangreiches Themenportal zu Corona und Covid-19 unterhält – für Forschende, klinisch Tätige sowie Patientinnen und Patienten. Auch Springer Medizin bündelt sämtliche Inhalte zum Thema Corona und Covid-19 in einem Themendossier mit wissenschaftlichen ebenso wie versorgungspolitischen Informationen.