Elmshorn für Anfänger

Geschichten von einer, die auszog, im Hamburger Speckgürtel zu leben. Eine pragmatische Liebeserklärung.

Mein Elmshorner Tagebuch gegen den Corona-Blues, Teil 13

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Bitte entschuldigt die für Corona-Zeiten unverhältnismäßig lange Sendepause. Erst war das Wetter zu schön um zu bloggen. Dann hatte ich wahnsinnig viel reguläre Arbeit (zum Glück, muss man ja auch sagen). Als nächstes hielten mich Nackenverspannungen und Schulterschmerzen von jedem nicht zwingend notwendigen Tastenschlag ab. Und so gingen ein paar Tage ins Land.

Heute ist das Wetter ebenfalls schön. Mein Auftragsbuch ist immer noch voll, die Schulterbeschwerden noch nicht ausgestanden. Aber ich will mal wieder schreiben, was mir in Sachen Corona in den vergangenen Tagen durch den Kopf gegangen ist. Wir alle freuen uns ja vermutlich wie Bolle auf die Zeit, wenn diese elendigen Kontaktbeschränkungen der Vergangenheit angehören, deren Sinn man zwar einsieht, die aber dennoch die Stimmung merklich drücken. Obwohl – es gibt ja doch einige Zeitgenossen, die den Sinn von Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen hinterfragen und in sie sogar als Abschaffung unserer Demokratie bezeichnen. Was für ein Unsinn!

Corona-Ausnahmezustand setzt unsere Demokratie außer Kraft – ernsthaft jetzt?

Über diese eigenartige Denkrichtung habe ich mich schon bei der Zeitungslektüre am vergangenen Sonnabend geärgert. Da hieß es im Leitartikel des Abendblatt-Chefredakteurs Lars Haider, es gebe kein demokratisches Leben im Ausnahmezustand. Die Meinungsfreiheit sei eingeschränkt, weil ja niemand auf der Straße gegen die Dinge demonstrieren könne, die ihm nicht gefallen. Ich dachte mir gleich: „Nun bleib aber mal locker!“, denn ganz so einfach ist es ja nun (zum Glück!) nicht mit der Abschaffung der Demokratie. Klar erleben wir gerade eine massive Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte. Wir dürfen uns nicht so ungehindert bewegen wie wir es gewohnt sind. Viele von uns sind in ihrer Berufsausübung massiv eingeschränkt. Das öffentliche Leben steht still.

Rechtsmittel gegen Corona-Maßnahmen sind nur in einem Rechtsstaat möglich

Aber unsere Meinungsfreiheit und demokratischen Mitwirkungsrechte sind ja wohl mitnichten außer Kraft gesetzt, nur weil man derzeit nicht wie sonst in Massen auf die Straße gehen und Pappschilder mit Parolen in die Luft halten darf. Nicht dass ich Demonstrationen als politisches Ausdrucksmittel kleinreden möchte. Aber es gibt ja noch diverse andere Formen der politischen Mitwirkung! Niemand hat die Freiheit eingeschränkt, die eigene Meinung kundzutun: über soziale Medien, Leserbriefe, Schreiben an die Abgeordneten im eigenen Wahlkreis oder in Berlin, Diskussionen in offenen und geschlossenen Gruppen, in Talkshows oder Radiosendungen mit Hörerbeteiligung etc. Auch die Freiheit, Parteien zu gründen, ihnen beizutreten und sich in Ämter wählen zu lassen, wurde übrigens nicht angetastet. Es ist auch weiterhin möglich, Rechtsmittel einzulegen gegen alles, was uns unrecht- und unverhältnismäßig erscheint. Ich habe zum Beispiel den Newsletter des Portals „Kostenlose Urteile“ abonniert, der mich immer montags über diverse aktuelle Gerichtsurteile informiert. Momentan drehen sich jede Menge Gerichtsverfahren um die Zulässigkeit der Corona-Maßnahmen – im Allgemeinen wie im Besonderen. Eine Rechtsanwältin aus Heidelberg, auf deren Mailverteiler ich irgendwann einmal geraten bin, legt sogar gerade medienwirksam per Eilantrag Verfassungsbeschwerde gegen die Corona-Maßnahmen ein. Wo wäre das möglich, wenn nicht in einem Rechtsstaat? Auch wenn ich manche dieser juristischen Streitigkeiten ein bisschen belächele, finde ich es dennoch wichtig, dass alle Maßnahmen der diversen Regierungsinstanzen permanent hinterfragt und kritisch abgewogen werden. Ein Patentrezept für den fairen Ausgleich zwischen Freiheitsrechte vs. Gesundheitsschutz hat niemand parat, genau deshalb wird ja auch allerorts diskutiert, argumentiert, Beschwerde eingelegt und geklagt. In meinen Augen alles deutliche Symptome einer funktionierenden Demokratie, trotz Ausnahmezustand. Mein Wunsch wäre daher: Bitte wischt euch mal den Schaum vom Mund und redet nicht Dinge herbei, von denen wir meilenweit entfernt sind. Danke.

Mein Abenteuer am Mittwoch: Eine leibhaftige Fahrt in die große Stadt!

Nach all diesen Gedanken, die man sich im sicheren Zuhause ohne Kontakt zur Außenwelt machen kann, habe ich am Mittwoch aber auch ein echtes Abenteuer erlebt. Ich bin mit der Bahn in die große Stadt gefahren. Nach mindestens fünf Wochen, die ich nun zu Hause verbracht, in denen ich mich nur mit meinem Mann Christoph in einem geschlossenen Raum aufgehalten und das Haus nur für Spaziergänge oder Einkäufe verlassen habe, hatte ich erstmals wieder einen beruflichen Termin in Hamburg. Wahnsinn. Der Anruf, der meine heile Quarantäne-Welt durcheinanderwirbelte, erreichte mich am Dienstag. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hamburg, die mich in gewisser Regelmäßigkeit mit dem Schreiben von Artikeln für ihre Publikationen beauftragt, bat mich, bis Ende nächster Woche auf sechs Seiten im Hamburger Ärzteblatt eine „Corona-Chronik“ über die ersten sechs Wochen im Ausnahmezustand aus Sicht der KV zu schreiben. Wow. Das hat schon eine gewisse historische Dimension, sodass ich den Auftrag durchaus als berufliche Herausforderung werte.

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Pandemie verändert unsere subjektive Einschätzung von Normalität und Gefahr

Doch in Corona-Zeiten ist so ein Auftrag auch menschlich eine ordentliche Challenge. Denn er erforderte es, dass ich den ganzen Mittwoch im Gebäude der KV verbringen und mit unzähligen Menschen sprechen musste. Unter Wahrung des Mindestabstands, ohne Händeschütteln zur Begrüßung, aber so richtig von Angesicht zu Angesicht. Ohne Scherz, ich war deswegen wirklich etwas aufgeregt. Christoph verabschiedete mich morgens sogar mit den Worten „Pass auf dich auf, und melde dich, wenn du angekommen bist!“ – so etwas wäre uns sonst nie in den Sinn gekommen, wenn ich ganz normal für einen Jobtermin nach Hamburg fahre. Es ist verblüffend, wie die Pandemie unsere subjektive Einschätzung von Normalität und Gefahr verändert… Jedenfalls bin ich heil wieder zurückgekehrt. Habe in der KV sehr interessante Gespräche geführt, einen ganzen Block mit Notizen gefüllt, gestern noch weitere Interviews per Telefon geführt und werde nach Ostern nun die Fakten und subjektiven Eindrücke der Akteure zu einer Corona-Chronik zusammenfassen. Drückt mir die Daumen, dass es mir gut gelingt!

Massenproduktion von Gesichtsmasken mit bunten Kinderstoffen

Oben im Bild seht ihr übrigens auch eine der Baumwollmasken, die ich am vergangenen Wochenende genäht habe. Ich hatte noch einiges an Stoffresten, weil ich vor einer Weile für meinen neuen Neffen ein paar Patchwork-Krabbeldecken gefertigt hatte. Entsprechend haben auch etliche meiner Corona-Masken eher kindliche Motive. Orientiert habe ich mich beim Nähen an der Anleitung der Feuerwehr Essen, allerdings habe ich die Anleitung (wie ich es bei Kochrezepten auch fast immer mache) persönlich abgewandelt. Ich wollte keine Stoffbenzel zum Festbinden haben, sondern Gummibänder, die hinter dem Kopf verlaufen (und nicht hinter den Ohren, was ich mir sehr unbequem vorstelle). Alle konnte ich noch nicht fertigstellen, weil irgendwann mein Vorrat an Gummilitze erschöpft war (Nachschub war im stationären Handel in Elmshorn nicht zu kriegen, doch bei Ebay finden sich viele Händler, die nach wie vor kurze Lieferzeiten für diese heiße Ware angeben). Doch ich hatte am Ende genug Masken beisammen, um meinen vier Geschwistern nebst Lebensgefährten und Kindern sowie meinen Eltern jeweils ein kleines Osterpäckchen mit einem Satz Masken für alle zu schicken. Wenn die Ebay-Gummilitze ankommt, werde ich die restlichen paar Masken fertigstellen und verschenken. 🙂

Ideen für die kreative Corona-Küche

Natürlich haben wir in den vergangenen Tagen auch gekocht. Ein bisschen aufwändiger war ein tolles Essen aus einem neuen Kochbuch mit Rezepten aus dem Libanon, das mir kürzlich als Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Wir haben uns für ein Gericht namens „Fadias Hähnchen-Fatteh“ entschieden, das traditionell wohl während des Ramadans zum Fastenbrechen zubereitet wird. Unabhängig von jeglichem religiösen Hintergrund bin ich im Fastenbrechen ziemlich gut, und so habe ich mich sehr gefreut, als Christoph dieses Essen in Angriff genommen hat. Aus eigener Kreativität heraus wären wir wohl nicht auf die Idee gekommen, Joghurt und Tahin (Sesampaste) in einer Sauce zu vereinen, doch alles zusammen war eine wirklich tolle und überraschende Geschmacksexplosion – und trotz der etwas längeren Vorbereitungszeit ziemlich leicht zuzubereiten. Daumen hoch!

Deutlich schneller ging dagegen ein Rezept im Zeit-Magazin der vergangenen Woche, von dem ich mich habe inspirieren lassen. Grünen Spargel kurz dünsten, eine Lasagneform mit 3 Platten Blätterteig auskleiden, Spargel hineinlegen und mit einer Mischung aus Eiern, Sahne und Sahnejoghurt (gewürzt mit Salz, Pfeffer und Zitronenthymian) bedecken. Etwas geriebenen Käse darüber geben und für 20-25 Minuten bei 200 Grad im Ofen backen. Eine ziemliche Kalorienbombe, aber köstlich.

Aktuelle Zahlen der Landesregierung zu bestätigten Corona-Fällen

Damit wären wir auch schon wieder am Ende dieses Tagebuch-Eintrags, an dem ich euch ja immer (Routinen sind ja bekanntlich wichtig) mit der Anzahl der an die Landesmeldestelle gemeldeten Covid19-Fälle und den entsprechenden grafischen Übersichten versorge. Stand 10.04.2020 mit einer Zusammenfassung vom 09.04.2020 wurden der Landesmeldestelle seit Beginn der Epidemie in Schleswig-Holstein bislang insgesamt 2.032 Fälle in Schleswig-Holstein gemeldet (+ 98 im Vergleich zur Meldung am Vortag). Neuerdings macht auch die Kieler Landesregierung Angaben zur Zahl der genesenen Personen: Diese ist zwar nicht meldepflichtig und wird daher nicht statistisch bei der Landesmeldestelle erfasst. Das Robert-Koch-Institut (RKI) nimmt jedoch auf Basis verschiedener Faktoren wie z. B. Krankheitsbeginn und Krankheitsdauer Schätzungen zur Anzahl genesener Personen vor. Demnach sind in Schleswig-Holstein derzeit seit Beginn der Epidemie 1.134 Personen genesen. Seit Beginn der Epidemie mussten in Schleswig-Holstein 309 Personen im Krankenhaus behandelt werden (+ 29 im Vergleich zur Meldung am Vortag). Aktuell befinden sich 155 Personen in Krankenhaus-Behandlung (-1 im Vergleich zur Meldung am Vortag). Bis dato wurden 39 Todesfälle im Zusammenhang mit der Viruserkrankung gemeldet (+2 Kiel, +1 Pinneberg, im Vergleich zur Meldung am Vortag). Anders als Hamburg unterscheidet Schleswig-Holstein in seinen täglichen Pressemeldungen nicht zwischen Toten, die nachweislich URSÄCHLICH an Covid-19 gestorben sind und denen, die MIT Covid-19 gestorben sind. In Hamburg werden alle mit Covid-19 Verstorbenen obduziert um herauszufinden, ob sie z. B. mit Corona infiziert waren, aber eigentlich an einem Herzinfarkt gestorben sind. Das ist in meinen Augen eine wichtige Unterscheidung. Denn da insbesondere ältere Menschen mit Vorerkrankungen von schweren Verläufen betroffen sind, ist bei ihnen auch im Falle einer Infektion nicht immer Covid-19 die Todesursache, sondern sie wären ggf. auch so an ihrem Ausgangsleiden verstorben. Ich fände es gut, wenn auch Schleswig-Holstein bei der Todesstatistik diese Unterscheidung treffen würde.


Zum Schluss wiederhole ich meine Bitte an euch: Nehmt die Corona-Pandemie ernst, haltet euch an die Anweisungen und Empfehlungen der Behörden und informiert euch auf seriösen Kanälen. Davon gibt es wirklich viele, denn im Zuge der Corona-Pandemie pflegen diverse Institutionen zum Teil aufwändige Dossiers. Außerdem haben sich eine Reihe von Fachverlagen dazu entschlossen, ihre Beiträge zum Coronavirus und Covid-19 frei zugänglich zu machen. Hier ein Überblick über einige lesenswerte Quellen:

Über politische Entscheidungen hier in Schleswig-Holstein rund um die Corona-Pandemie informiert man sich am besten auf der Seite der Landesregierung, die hier alle Infos zur Pandemie bündelt. Die entsprechenden Infos aus Hamburg findet man hier.

Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) pflegt mit Eurotopics einen Kanal, in dem themenbezogen internationale Pressestimmen gebündelt werden. Hier wurde auch ein Dossier zum Coronavirus eingerichtet.

Das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlicht auf seiner Seite täglich aktualisierte Informationen zu Fallzahlen, Risikogebieten, Meldepflichten etc.

Das Willkommensteam für Flüchtlinge Elmshorn hat auf seiner Seite Kurzinfos über Corona sowie Hygienetipps in diversen Sprachen gesammelt (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Arabisch, Persisch/Dari, Tigrinya, Russisch, Bosnisch, Somali). Bitte leitet sie weiter an Menschen, die nicht gut Deutsch verstehen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betreibt ein Corona-Dashboard in dem man tagesaktuell die internationalen Fallzahlen nachlesen kann. Ein ähnliches Corona-Dashboard gibt es auch für Deutschland; es enthält Geo-Informationsdaten zur Verbreitung von Corona in Deutschland auf Basis der aktuellen RKI-Zahlen, die man bis auf Landkreis-Ebene herunterbrechen kann – also auch bis zu unserem Kreis Pinneberg.

Ganz besonders ans Herz legen möchte ich euch den täglichen NDR-Podcast mit Prof. Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charité. Er ist einer der führenden Experten für Coronaviren und kommentiert wissenschaftlich fundiert sowie wohltuend sachlich die aktuelle Lage. Wir hören das inzwischen jeden Tag.

Wer an harten medizinischen Fakten interessiert ist, kann sich auch die Dossiers der Fachverlage ansehen. So bündelt die Thieme-Gruppe die im Unternehmen verfügbaren relevanten Inhalte auf einer Seite. Dazu gehören unter anderem fundierte Patienteninformationen inklusive Symptom-Checker, ein Online-Kurs zu COVID-19, relevante Inhalte aus Thieme Fachzeitschriften und Büchern sowie aktuelle Stellungnahmen verschiedener Fachgesellschaften. Ziemlich wissenschaftlich geht es bei der Elsevier-Gruppe zu, die ebenfalls ein umfangreiches Themenportal zu Corona und Covid-19 unterhält – für Forschende, klinisch Tätige sowie Patientinnen und Patienten. Auch Springer Medizin bündelt sämtliche Inhalte zum Thema Corona und Covid-19 in einem Themendossier mit wissenschaftlichen ebenso wie versorgungspolitischen Informationen.

 

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