Ich gebe es zu: Ich bin die ungekrönte Queen des Online-Shoppings. Vor unserer Haustür entstehen regelmäßig Staus aus den Lieferwagen von DHL, Hermes, UPS und DPD, die alle online bestellten Waren bei mir abliefern kommen. Doch ein ganz analoger Bummel durch die Elmshorner Innenstadt hat auch seine Vorzüge, wie ich heute mal wieder feststellen durfte.
Wann hat das eigentlich angefangen, dieses Faible für Online-Shopping? Ich glaube, es muss in der Zeit gewesen sein, als ich als alleinerziehende Mutter mit einer 30-Stunden-Arbeitswoche in einem kleinen Verlag nicht allzu viel Freiraum zum analogen Bummeln hatte. Frühstück, Kind in die Kita bzw. später in die Schule schicken, ins Büro fahren, auf dem Rückweg fix im Supermarkt einkaufen, Kind aus der Kita bzw. aus dem Hort abholen, spielen, Hausaufgaben checken, Haushalt, Abendessen, Kind ins Bett bringen, Haushalt oder Überstunden am heimischen PC – so sagen meine Tage aus. Zeit hatte ich – wenn überhaupt – abends, wenn die Geschäfte geschlossen hatten und ich wegen meines Kindes ohnehin nicht aus dem Haus hätte gehen können.
Zu Hause anprobieren und mit den Klamotten im Kleiderschrank kombinieren
Online-Shops haben nun einmal rund um die Uhr geöffnet. Dort konnte ich in aller Ruhe stöbern, bestellen, zu Hause anprobieren und die Klamotten probehalber mit der vorhandenen Kleidung in meinem Kleiderschrank kombinieren. Praktisch. Auch heute bestelle ich gern und viel im Internet – nicht zuletzt auch, weil man etliche meiner Lieblings-Labels wie etwa die Naturmode von Deerberg oder das britische Label Boden gar nicht im Laden kaufen kann. Doch das sind nicht die einzigen Vorzüge des Online-Shoppings. Meiner Erfahrung nach sind auch Reklamationen und Umtauschen online häufig einfacher. Ein Klick auf’s Kundenkonto und in die Liste der letzten Bestellungen, und schwupp habe ich direkt alle Daten beisammen, wann ich was zu welchem Preis gekauft habe. Auch die Menschen in den Kundencentern, die meine Reklamation bearbeiten, sehen meine Bestellhistorie und reagieren meiner Erfahrung nach in der Regel äußerst kulant.
Reklamationen und Rückgaben sind online oft viel einfacher
Ganz anders ist es leider oft, wenn man in einem stationären Geschäft eingekauft und den Kassenzettel längst entsorgt hat. Und selbst mit Kassenzettel kann eine Reklamation oder Rückgabe durchaus in Diskussionen ausarten, wie ich einmal ganz zu Beginn meiner Zeit in Elmshorn im Modehaus Ramelow feststellen musste (das ich eigentlich sehr schätze). Ich hatte dort in der Unterwäscheabteilung einen Slip der Marke Triumph gekauft, dessen Material sich dummerweise bei der Wäsche aufgelöst hatte, obwohl ich ihn bei der angegebenen Temperatur gewaschen hatte. Als ich den ganz offensichtlich defekten Slip reklamierte, mochte man mir zunächst nicht glauben, dass ich ihn nicht zu heiß gewaschen hatte. Dann wollte man ihn erst zur Begutachtung an den Hersteller schicken, freilich ohne mir zuvor den Kaufpreis auszuzahlen. Ich bestand darauf, dass ich den defekten Slip sofort zurückgeben und den Kaufpreis erstattet haben möchte, was dann erst gelang, nachdem sich die Verkäuferin bei der Geschäftsleitung rückversichert hatte. Ich fand das reichlich umständlich und dachte insgeheim: „Bei Amazon hätte es so ein Hin und Her nicht gegeben, da hätte ich defekte Ware mit einem Klick in meiner Bestellhistorie reklamiert, man hätte mir ein kostenloses Rücksendeetikett gemailt und mir dann den Kaufpreis erstattet.“
Direkt anfassen, anprobieren und begutachten
Andererseits hat der stationäre Einzelhandel natürlich unschlagbare Vorteile, die ich überhaupt nicht bestreiten möchte. Man kann Klamotten sofort begutachten: Wie fühlt sich der Stoff an? Sind die Nähte sauber gearbeitet? Müffelt das Teil nach Chemie? Und natürlich direkt anprobieren, ohne lange auf eine Lieferung warten zu müssen, die dann womöglich beim Nachbarn oder in einer Packstation bzw. Postfiliale landet und erst abgeholt werden muss. Und selbstverständlich möchte ich eigentlich auch gern Einzelhändler hier vor Ort unterstützen, die hier ihr Gewerbe angemeldet haben und hier ihre Steuern zahlen – Amazons Konzept des „Double Irish with a Dutch Sandwich“ lässt grüßen… Aus diesem Grund mag ich den Aufkleber, der im Schaufenster der Buchhandlung Heymann in Elmshorn hängt, der genau auf diesen Umstand hinweist, dass ein stationärer Buchhändler seine Steuern vor Ort zahlt und sich nicht durch windige Firmenkonstrukte aus der Verantwortung schleicht. All das weiß ich und versuche ich auch zu beherzigen, indem ich zwar eine (ellenlange) Bücherwunschliste bei Amazon führe, die Titel letztlich aber nach Möglichkeit dann im stationären Buchhandel kaufe. Bis auf die Option, eingepackte Geschenke via Amazon an Menschen aus meinem Adressbuch zu schicken – das ist eine derart praktische Angelegenheit, dass ich ungern auf sie verzichten möchte.
Ein Online-Händler macht mir keine Komplimente für meinen Duft
Doch darüber hinaus – und das ist eigentlich der wichtigste Faktor – menschelt es nur in echten Ladengeschäften so schön. Heute zum Beispiel musste ich ein vorbestelltes Medikament in der Apotheke abholen. Ja, es gibt Online-Apotheken, aber in diesem Punkt bin ich bislang noch gnadenlos konservativ. Ich trat in die Privilegierte Apotheke in der Königsstraße, legte meinen Abholschein vor, bekam die Medikamentenschachtel ausgehändigt und bezahlte meinen Eigenanteil. Während ich alles einpackte, sagte die Dame hinter der Theke zu mir: „Sie duften so gut, was ist das für ein Parfum?“ Ich freute mich über das Kompliment und verriet ihr: „Ich glaube, ich habe heute 5th Avenue aufgelegt…“ Wir lächelten uns an, und ich verließ beschwingt die Apotheke. Bei einer Online-Bestellung hätte ich dieses nette Kompliment verpasst.
Chorprobe, Tangotanz und neuerdings auch Boutique-Café
Meine nächste Station nach der Apotheke war das neue Boutique-Café „Sahneschnitte“ in der Königsklasse (Mühlenstraße 31, 25335 Elmshorn). Die Königsklasse ist ein äußerst wandelbares Haus, in dem abwechselnd Chöre proben, Tangotänzer trainieren, Veranstaltungen stattfinden – und neuerdings auch schicke und farbenfrohe Vintage-Klamotten verkauft werden. Ich kenne die beiden Betreiberinnen Christine Brockmann und Sandra Lukner seit der Zeit, als ich aus meiner früheren Bürogemeinschaft zurück ins heimische Büro gezogen bin und dank eines durch O2 verbockten Umzugs meines DSL-Anschlusses anfangs vier Wochen lang ohne DSL und Telefon dastand. Damals beherbergte die Königsklasse noch einen Co-Working-Space, in dem man tage-, wochen- oder monatsweise einen Schreibtisch inklusive Internet, Telefon und Drucker buchen konnte.
Witzige Kleider in Größen, die auch mal eine Sahneschnitte verzeihen
Den Co-Working-Space gibt es heute leider nicht mehr, dafür haben sich Christine und Sandra mit ihrem flexiblen Boutique-Café, das an drei Nachmittagen pro Woche aufgebaut wird und in dem man nicht nur Damenmode shoppen, sondern an einem großen Community-Table in der Mitte des Raums auch leckere hausgemachte Kuchen und Torten probieren kann. Es gibt witzige Kleider im Stil der 1950er Jahre (enganliegend geschnitten oder mit Petticoat zu tragen), und zwar nicht nur für Frauen mit Modelmaßen, sondern auch in Größen, die die eine oder andere Sahneschnitte verzeihen. Dazu Oberteile, Schuhe und Handtaschen. Hätte ich mir momentan nicht gerade strikte Ausgabenkontrolle verordnet, hätte ich heute sicher bei dem einen oder anderen coolen Teil zugeschlagen.
Heute war die offizielle Eröffnung mit Sekt, Kaffee und Kuchen – und weil ich mein Kommen vorher angekündigt hatte, aber nicht schon am Vormittag Sekt trinken wollte, hatten Christine und Sandra extra eine Rhabarberschorle für mich kaltgestellt. Auch das ein Service, wie er mir beim Online-Shopping nicht geboten wird… Ich werde auf jeden Fall wieder vorbeischauen – und wer heute noch den Eröffnungstag zum Schnuppern und Shoppen nutzen möchte, kann noch bis 15 Uhr in der Sahneschnitte vorbeischauen!
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