Nur zehn Kilometer von Elmshorn entfernt, hinter Klein Nordende, liegt eine ehemalige Abbaugrube von Düngekalk. Klingt wenig spektakulär, ist aber mittlerweile ein schönes Naturschutzgebiet, in dem ich bei meinem ersten Besuch dort eine ganze Reihe spannender Entdeckungen gemacht habe.
Die Liether Kalkgrube, kurz hinter Klein Nordende gelegen, ist mehr als einfach nur ein renaturierter Kalksteinbruch. Sie ist eine Ansammlung der ältesten Gesteinsschichten Norddeutschlands, Ort der weltweit tiefsten Bohrung ins Erdinnere (zumindest Ende des 19. Jahrhunderts), Sammelplatz einer Reihe uralter skandinavischer Gesteinsfindlinge und Heimat unzähliger äußerst mitteilsamer Frösche.
Findlinge von vor 1,7 bis 1,8 Millionen Jahren – alter Schwede!
Wir hatten einen kleinen Erkundungstrip zur Liether Kalkgrube seit geraumer Zeit auf dem Zettel – mindestens seit ich mein Blog hier schreibe und meinen Lesern unter anderem auch interessante Orte in und um Elmshorn ein wenig näher bringen möchte. Vor einigen Wochen war es dann soweit: Wir stellten unser Auto auf dem Parkplatz ab, der offenbar von einigen Leuten gern als Grillwiese genutzt wird. Am Eingang zu dem mit 1,7 Kilometern sehr überschaubaren Rundwanderweg lohnt es sich, einen Blick auf die vielen großen Steine im Findlingsgarten zu werfen. Wie kommt ein roter Småland-Granit eigentlich von Südschweden an die Elbe vor Wedel? Auf den Schildern wird das Alter der Findlinge mit 1,7 bis 1,8 Millionen Jahre angegeben – alter Schwede! Die Altersangabe klingt ziemlich präzise, wenn man bedenkt, dass die Erde ungefähr 4,5 Milliarden Jahre alt ist. Allerdings liegen zwischen den beiden Altersangaben „läppische“ 100.000 Jahre liegen. Mal überlegen: Der moderne Mensch hat sich erst vor etwa 100.000 Jahren aus Afrika aufgemacht und die Welt bevölkert. Seither hat sich ihr Gesicht ganz schön verändert…

Der Findlingsgarten am Eingang zur Liether Kalkgrube mit uralten Steinen, die irgendwie ihren Weg aus Südschweden nach Wedel gefunden haben.

1,7 bis 1,8 Millionen Jahre alt… Wie relevant ist eine Ungenauigkeit von läppischen 100.000 Jahren? Bei Steinen? Bei Menschen?
Erinnerung an die tiefste Erkundungsbohrung von 1878
Wie dem auch sei, die Liether Kalkgrube ist hervorragend dafür geeignet, sich einmal über derartige Dimensionen der Zeit Gedanken zu machen. Wenn man dem Rundwanderweg folgt, werden die Gesteine deutlich älter, denn hier sind nach Informationen der Gemeinschaft zur Erhaltung von Kulturgut in Tornesch von 1985 e.V., die das Naturschutzgebiet Liether Kalkgrube betreut, die in Norddeutschland ältesten an der Erdoberfläche anstehenden Gesteinsschichten zu finden. Sie sind mindestens 258 Millionen Jahre alt. Auf dem Rundwanderweg mit ein paar hübschen Panoramaplattformen gibt es noch ein weiteres historisches Highlight zu entdecken: einen Gedenkstein zur Erinnerung an die staatliche Tiefbohrung von 1872 bis 1878, bei der in Tornesch zur Rohstofferkundung bis in 1.338 Meter Tiefe gebohrt wurde – damals Weltrekord. Mich beschleicht ein mulmiges Gefühl, weil ich an die Pläne der kanadischen Firma PRD Energy denken muss, die etliche Gegenden im Kreis Pinneberg für Fracking erkunden wollte. Die Pläne für die Erkundungen liegen zwar derzeit auf Eis, doch ob man sich darauf dauerhaft verlassen sollte?

Heute würde man solche Tiefenbohrungen zur Rohstofferkundung Fracking nennen – und hoffentlich nicht später stolz Gedenksteine dafür aufstellen…
Wie gut, dass den vielen Frösche in den sumpfigen Teichen unten in der Grube diese ganzen historischen Fakten herzlich egal sind. Sie quaken ununterbrochen und lautstark – die umliegenden Felsen bieten eine hervorragende Akustik für ihr ausdauerndes Konzert. Mein Fazit: Die Liether Kalkgrube eignet sich für einen netten Spaziergang in ansehnlicher Natur ebenso wie für einen pädagogisch wertvollen und faktengespickten Ausflug wissbegieriger Hobby-Geologen. Wir waren zwar am Nachmittag in der prallen Sonne in der Grube, doch zum Sonnenuntergang über der Felskulisse kommen sicherlich auch Romantiker auf ihre Kosten. Also: Raus ins Grüne, schaut euch die Liether Kalkgrube einmal an!
- Für norddeutsche Verhältnisse recht imposante Felsformationen
- Hinter dem Sumpfdickicht verbergen sich unzählige Frösche
- Von hier kommt das ohrenbetäubende und unermüdliche Froschkonzert
- Der Panoramawanderweg führt durch schattige Waldabschnitte…
- … über lichte Wiesen…
- Dieses ramponierte Schild erinnerte mich daran, was meine Schwester mir kürzlich von ihrem Kreta-Urlaub erzählt hat: Dort sind viele Straßenschilder zerschossen, weil Kreten einfach Spaß daran haben, im Vorbeifahren mit Pistolen auf Schilder zu schießen.
- Fabelhafte Aussicht…
- … von den diversen Aussichtsplattformen…
- … an verschiedenen Stellen des Panoramawanderweges…
- … hinunter in die Liether Kalkgrube.
15. Juli 2015 um 13:59
Hallo Frau Thiel,
es freut uns, dass Ihnen der Besuch in der Liether Kalkgrube so gut gefallen hat.
Die nächste öffentliche Veranstaltung in der Kalkgrube ist der Tag des Geotops, an dem wir geologische Führungen durch die Grube anbieten (siehe http://www.lietherkalkgrube.de)
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Voß
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