Normalerweise gibt es keine Werksführungen beim Elmshorner Haferflockenproduzenten Peter Kölln. Das ist schade, aber aufgrund von Hygieneauflagen nachvollziehbar. Doch als Journalistin im Auftrag für das Diabetes Journal durfte ich vor ein paar Monaten doch einen Blick hinter die Kulissen werfen.
Mittlerweile ist der Artikel in der aktuellen Ausgabe des Diabetes Journals erschienen, sodass ich ihn euch nicht länger vorenthalten muss. Wer diesem Blog schon länger folgt, der erinnert sich vielleicht: Ich stehe total auf diesen leckeren Duft von Hafer, Cerealien oder Müsli , der in schöner Regelmäßigkeit durch die Elmshorner Luft weht. Ist das heute Schoko-Müsli? Oder doch eher eine Sorte mit Krokant? Dass es bei uns so oft nach Frühstück riecht, liegt an der Peter Kölln GmbH & Co. KGaA. Sie produziert mitten in Elmshorn ihre berühmten Köllnflocken und weitere Haferprodukte.
Vom Marktplatz aus sind die 28 Meter hohen blauen Hafersilos gut zu sehen. Die insgesamt 58 Zellen haben eine Lagerkapazität von rund 13.000 Tonnen. Bis vor 18 Jahren kam der Hafer über Elbe und Krückau per Schiff zu Peter Kölln. Das Unternehmen besaß vier eigene Binnenschiffe für seine Getreidetransporte. Heute bringen Lastwagen die überwiegend aus Finnland stammende Ware vom Hamburger Hafen nach Elmshorn.
Jeden Tag rollen ab dem frühen Morgen 15 Lastwagen mit Hafer auf das Werksgelände. Doch bevor eine Lieferung eingelagert wird, durchläuft der Hafer eine Reihe von Kontrollen. Verfahrenstechnologen in der Mühlen- und Futtermittelwirtschaft – so werden Müller heutzutage genannt – entnehmen Proben, schnuppern am Hafer und prüfen, ob das Getreide trocken genug ist.
Ab dann übernehmen Maschinen die weitere Verarbeitung. Zunächst wird der Rohhafer grob gereinigt. Anschließend wird er mehrere Stunden lang erst mit Dampf und dann bei 120 Grad Celsius mit trockener Hitze behandelt. Diesen Vorgang nennt man Darren. Dabei bildet sich das typische nussartige Aroma der Haferflocken, außerdem macht das Darren den Hafer bekömmlicher. Beim Trocknen lösen sich auch die Schalen und werden anschließend in einem Fliehkraftschäler vom Haferkern abgetrennt. Nach dem Schälvorgang sortiert ein Farbausleser die dunklen Haferkerne aus.
Ab hier trennen sich die Wege der Haferkerne. Manche werden zu Blütenzarten Köllnflocken, andere zu Kernigen Köllnflocken verarbeitet. Ihre endgültige Form erhalten die Haferflocken auf Flockierwalzstühlen. Früher musste der Müller den Abstand der Walzen per Hand und nach Augenmaß einstellen. Heute kann er ihn am Computerbildschirm auf einen Zehntel Millimeter genau digital steuern.
Auch in den Produktionshallen bei Köllnflocken kommt hochspezialisierte Technik zum Einsatz. Manche Maschinen sind mehrere Meter hoch und so lang wie ein Schwimmbecken. Sie backen riesige Teigplatten, lassen sie über Förderbänder gemächlich weiterwandern und zerhacken sie erst grob und dann noch einmal feiner. Fertig ist das beliebte Knuspermüsli.
Rasanter geht es an der Abfüllstraße für die klassischen Haferflocken zu. In atemberaubendem Tempo werden hier maschinell Tüten gefaltet, geklebt, mit Haferflocken befüllt und verschlossen. Alle Packungen durchlaufen eine strenge automatisierte Qualitätskontrolle: Eine Kontrollwaage checkt das Gewicht des fertigen Produkts; ein Metalldetektor prüft, ob sich bei der Produktion unbemerkt Metallteile von den Maschinen gelöst und in die Verpackung gemogelt haben.
Wenn die Einzelpackungen die Qualitätskontrolle durchlaufen haben, werden sie in Umkartons auf Paletten verpackt, in Elastikfolie eingeschweißt und ins Lager gebracht. Von dort erfolgt der Versand an Kunden im In- und Ausland. Mittlerweile sind die Produkte der Marke Kölln in 36 Ländern erhältlich – und verströmen überall ihren unwiderstehlichen Elmshorner Frühstücksduft… hmmm, lecker!
Hafer – ein moderner Klassiker
Bei meinem Besuch bei Peter Kölln habe ich mich auch mit Jennifer Marx unterhalten. Die Ökotrophologin und Ernährungsexpertin im Hause Kölln erläuterte in unserem Gespräch den Stellenwert von Hafer in der modernen Ernährung und bei Diabetes. Rezepte und Ideen zum Kochen und Backen mit Hafer gibt es übrigens online unter www.welt-der-rezepte.de oder bei Instagram unter @koelln_deutschland
Passt ein klassisches Lebensmittel wie Haferflocken in die heutige Zeit mit ihren vielen kurzlebigen Ernährungstrends?
Marx: Haferflocken sind aktueller denn je – immer mehr Menschen legen Wert auf eine Ernährung mit unverarbeiteten Lebensmitteln. Außerdem wird wieder mehr gefrühstückt. Haferflocken sind zum Beispiel die Basis für die beliebten Overnight Oats. Und alle, die morgens noch nicht gern kauen mögen, kann man mit einem Drink aus Schmelzflocken oder Haferkleie begeistern. In diesem Jahr haben wir außerdem Haferdrinks auf den Markt gebracht, die besonders gut bei der wachsenden Zahl der Verbraucher ankommen, die mehr pflanzliche Lebensmittel verzehren möchte oder sich komplett vegan ernährt.
Eignen sich Haferflocken auch für Menschen, die sich Low Carb ernähren?
Marx: Natürlich enthalten Hafer und Haferprodukte Kohlenhydrate. Allerdings können sie eine kohlenhydratarme Ernährung gut ergänzen. Denn Hafer und insbesondere auch Haferkleie enthalten viele Ballaststoffe, die für eine ausgewogene Ernährung unverzichtbar sind. Da Menschen, die sich kohlenhydratarm ernähren, manchmal zu wenig Ballaststoffe zu sich nehmen, kann auf diese Weise ein guter Ausgleich geschaffen werden.
Früher hat man Menschen mit Typ-2-Diabetes oder Insulinresistenz Hafertage empfohlen…
Marx: Daran hat sich bis heute nichts geändert. Tatsächlich wenden sich viele Diabetiker an uns, denen ihr Arzt oder ihre Ernährungsberaterin Hafer empfohlen hat. Wir haben für sie eine eigene Verbraucherberatung und einen Rezeptservice eingerichtet. Wir versorgen aber auch viele Arztpraxen und Diabetesberaterinnen mit entsprechendem Informationsmaterial.
Welche Kölln-Haferprodukte eignen sich besonders für Menschen mit Diabetes?
Marx: Wer Blutzuckerspitzen vermeiden möchte, sollte lieber zu den klassischen Haferflocken oder Haferkleie als zu gesüßten Müslis greifen. Doch bei einer Unterzuckerung kann ein Müsliriegel natürlich gute Dienste leisten.
Das Traditionsunternehmen Peter Kölln
Die Peter Kölln GmbH & Co. KGaA mit Sitz in Elmshorn erwirtschaftet jährlich einen Umsatz von rund 124,8 Millionen Euro. Sie gehört zu den größten Hafermühlen Europas und verarbeitet pro Jahr rund 55.000 Tonnen Hafer. Das Unternehmen beschäftigt 363 Menschen, darunter Industriekaufleute, Müller, Mechatroniker und Fachkräfte für Lebensmitteltechnik.
Das Unternehmen stellt seit 1820 Lebensmittel her und ist vor allem für seine Haferflocken bekannt. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts kamen erstmals Haferflocken in kleinen Haushaltspackungen auf den Markt. Mit den 1938 als Warenzeichen eingetragenen Blütenzarten Köllnflocken in der hellblau-dunkelblauen Packung schuf Peter Kölln eine der bekanntesten deutschen Lebensmittelmarken.
Außer Hafer- und Müsliprodukten der Marke Kölln gehören Öle und Fette der Marken Mazola, Biskin, Livio, Palmin und Becht’s, sowie Milchzucker der Marke Edelweiß und der Kindergrieß Pomps zum Unternehmen. Im Jahr 2020 feiert das Unternehmen sein 200-jähriges Firmenjubiläum.
29. Dezember 2019 um 14:47
Hmm, interessanter Bericht. Aber ein paar Informationen wären noch schön:
– warum kommt der Hafer aus Finnland?
– wie viele Menschen arbeiten eigentlich noch in der vollautomatischen Fabrik?
– Wie wird der Hafer in Finnland angebaut? Pestizide, Herbizide?
– Warum hat Kölln eigentlich nicht grundsätzlich Haferflocken aus biologischem Anbau?
Es gibt z.B. keine oder kaum Bio-Müsli von Kölln.
Wär vielleicht mal was für ein kritisches oder ergänzendes Interview.
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29. Dezember 2019 um 16:17
Moin Jan, ich hatte für meinen Beitrag im Diabetes Journal genau 2 A4-Seiten Platz, da kann man leider nicht jedes interessante Detail in einer Geschichte unterbringen. Ich kann aber ein paar deiner Fragen beantworten, insbesondere zum Thema Biohafer. Bei meinem Besuch, der schon etliche Monate zurückliegt, teilte man mir mit, man wolle generell gern mehr Biohafer anbieten, weil die Nachfrage nach Bioprodukten steigt. Doch derzeit sei es schwierig, hierfür regional zuverlässig und in ausreichenden Mengen Biohoafer zu beschaffen. Der Anteil soll aber perspektivisch weiter steigen. Insgesamt hat Kölln 363 Angestellte, dies schließt aber auch Management, Vertrieb, Marketing etc. ein. In den automatisierten Produktionshallen selbst herrscht kein großes Menschengedrängel… da waren die herkömmlichen Produktionsmethoden sicherlich personalintensiver.
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