Im Verlauf des gestrigen Sonntag bekam ich gleich zwei E-Mails mit Pressemeldungen der Feuerwehr im Kreis Pinneberg, die mich schockiert haben. Erst flüchtete ein Autofahrer nach einem Unfall in Pinneberg vom Unfallort und hinterließ eine 20 Kilometer lange Öl- und Kraftstoffspur bis nach Haseldorf. Und als die Feuerwehr die Straße sperrte, um die Fahrbahn zu reinigen, missachtete ein weiterer Autofahrer die Sperrung und fuhr einen der Feuerwehrleute an. Was ist bloß los mit diesen Leuten?
Man ist ja heutzutage leider schon einiges gewohnt in puncto Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr. Egal, ob man nun zu Fuß, mit dem Fahrrad oder im Auto unterwegs ist – überall wird gedrängelt, sind Verkehrsteilnehmer nur auf den eigenen Vorteil bedacht, achten nicht auf die Belange anderer und nehmen in gefährlichem Ausmaß hohe Risiken in Kauf, nur um ein paar Sekunden einzusparen oder irgendwelche Unannehmlichkeiten zu vermeiden.
Zwei besonders krasse Beispiele hierfür haben sich gestern im Kreis Pinneberg ereignet. Ich habe davon erfahren, weil ich die Pressemeldungen der Feuerwehr abonniert habe. In der ersten meldete die Feuerwehr eine Vollsperrung der Landstraße 105 infolge einer Ölspur. Um kurz vor 10 Uhr morgens hatte sich in Pinneberg offenbar ein Verkehrsunfall ereignet, infolgedessen bei einem der beteiligten Fahrzeuge Ölwanne und Kraftstofftank aufrissen. In der Pressemeldung heißt es: „Anstatt an der Einsatzstelle zu verharren, flüchtete der Fahrer mit seinem Fahrzeug, woraufhin sich die austretenden Betriebstoffe über die Ortschaften Pinneberg, Appen, Holm, Wedel, Hetlingen und Haseldorf verteilten. In Haseldorf endete die Fahrt dann in der Straße Hetlinger Deich in einen Graben.“
Mag jemand mal eine Schätzung abgeben, was so ein Einsatz wohl kostet?
Allein diesen Vorfall finde ich unglaublich. Jeder Kfz-Halter hat eine Versicherung für sein Auto, es gibt also nicht den geringsten Anlass, sich von einem Unfallort davonzustehlen. Erst recht nicht, wenn durch eine Flucht mit Lecks im Tank und in der Ölwanne Kraftstoff und Öl austreten und großräumig noch immensen weiteren Schaden verursachen. Nach Angaben der Feuerwehr waren 76 ehrenamtliche Kräfte aus fünf freiwilligen Feuerwehren teilweise über mehrere Stunden im Einsatz. (Wer es ganz genau wissen möchte: Von der Freiwilligen Feuerwehr Pinneberg waren 8 Kräfte mit 2 Fahrzeugen im Einsatz, von der Freiwilligen Feuerwehr Wedel 17 mit 8 Fahrzeugen, von der Freiwilligen Feuerwehr Holm 18 mit 3 Fahrzeugen, von der Freiwilligen Feuerwehr Appen 20 mit 4 Fahrzeugen, von der Freiwilligen Feuerwehr Haseldorf 13 mit 2 Fahrzeugen. Außerdem waren Kräfte der Bauhöfe Wedel und Pinneberg, der Straßenmeisterei Moorrege sowie der Polizei und von Fachfirmen im Einsatz. Mag jemand mal eine Schätzung abgeben, was so ein Einsatz wohl kostet?) Da wurden also Dutzende überwiegend ehrenamtliche Helfer aus ihrem wohlverdienten Sonntag geklingelt, um den gefährlichen Dreck wegzuräumen, den ein Autofahrer hinterlassen hat, weil er sich aus unerfindlichen Gründen nicht seiner Verantwortung stellen wollte.
Feuerwehrmann angefahren, rumdiskutiert und ihn nochmal angefahren
Doch damit nicht genug. In einer zweiten Pressemeldung, die am Abend verschickt wurde, berichtete die Feuerwehr, dass ein weiterer Autofahrer die Straßensperrung wegen genau dieser Reinigungsarbeiten nicht einsehen wollte und deshalb einen Feuerwehrmann angefahren hat. Gegen 14.25 Uhr sei ein Autofahrer auf der Straße Rollbarg aus Pinneberg-Waldenau gekommen und habe offenkundig nach links in die Wedeler Chaussee (L 105) in Richtung Wedel abbiegen wollen. Dies war nicht möglich, weil auf der L 105 noch die Reinigungsarbeiten liefen und die Straße deshalb voll gesperrt war. In der Pressemeldung heißt es: „Dies signalisierte der Feuerwehrmann dem auf die Gegenfahrbahn ausgewichenen Autofahrer deutlich mit Handzeichen und ging dem Auto von der Kreuzung aus ein Stück entgegen. Der Autofahrer hielt trotzdem auf den 36-Jährigen zu und rollte mit seinem Fahrzeug so dicht an ihn heran, dass das Auto das Knie der Einsatzkraft berührte. Im Gespräch erklärte der Feuerwehrmann dem Fahrzeuglenker die Situation und kehrte dann in dem Glauben, sich verständlich ausgedrückt zu haben, auf seinen Posten an der Kreuzung zurück. Als er sich kurz darauf umdrehte, hatte sich der Pkw wieder in Bewegung in Richtung Kreuzung gesetzt. Dies zwar in langsamem Tempo, aber doch so schnell, dass der Feuerwehrmann sich nur mit einem Sprung auf die Motorhaube zu helfen wusste.“
Kreiswehrführer kritisiert Gewalt gegen Einsatzkräfte
Was in aller Welt geht in so einem Hirn vor? Es fällt mir echt schwer, angesichts von so viel Stumpfsinn, Egoismus, Rücksichtslosigkeit und Aggressivität nicht zu derbem Vokabular zu greifen. Da räumen Feuerwehrleute gerade dem einen dummen Zeitgenossen hinterher und werden dabei von einem weiteren Idioten an der Arbeit gehindert und sogar noch tätlich angegriffen! Aus der Pressemeldung geht hervor, dass die Feuerwehr daraufhin die Polizei alarmierte, welche den Unfall aufnahm. Der betroffene Feuerwehrmann konnte im Dienst verbleiben, berichtete aber über eine Schwellung am Knie, wegen der er am Montag (heute) einen Arzt aufsuchen will. Kreiswehrführer Frank Homrich reagierte laut Pressemeldung mit Bestürzung auf diesen Vorfall: „Ich finde es beschämend, dass ein Autofahrer, für dessen Sicherheit wir im Einsatz sind, es billigend in Kauf nimmt, Einsatzkräfte zu verletzen.“ Daran, dass man an Absperrungen oft diskutieren müsse, habe man sich mittlerweile schon fast gewöhnt und auch die eine oder andere Beleidigung sei durchaus nicht mehr ungewöhnlich, aber dies sei eine andere Qualität. „Das ist Gewalt gegen Einsatzkräfte“, sagte Homrich und erinnerte daran, dass alle Feuerwehrkameraden im Kreis Pinneberg ehrenamtlich im Einsatz sind.
So funktioniert unser Gemeinwesen nicht!
Mich macht so etwas fassungslos. Leider passt dieses Verhalten in das Bild, das sich uns immer häufiger bietet. Immer mehr Mitmenschen scheinen zu glauben, dass Regeln für alle gelten, nur nicht für sie. Oder dass sie Weisungen von Ordnungshütern nicht Folge leisten müssen, wenn sich ihnen deren Sinn nicht unmittelbar erschließt – oder wenn sie grad einfach keine Lust darauf haben. Leute, so funktioniert unser Gemeinwesen nicht! Wenn eine Straße gesperrt ist und Feuerwehrleute hinter der Absperrung herumwuseln, dann gibt es dafür mit ziemlicher Sicherheit einen triftigen Grund. (Das gilt, nebenbei bemerkt, übrigens auch, wenn eine Straße vorübergehend wegen einer Sportveranstaltung gesperrt ist! Dann darf man da auch für den Zeitraum der Sportveranstaltung nicht hineinfahren, um die Sicherheit der Sportlerinnen und Sportler nicht zu gefährden. Doch auch hierzu können alle, die sich in Sportvereinen für Lauf-, Fahrrad- und Triathlon-Events engagieren, diverse Gruselgeschichten erzählen von Autofahrern, die rücksichtslos trotz Straßensperrung mitten in einen Pulk von Rennradfahrern brettern und diese auch noch anpöbeln.)
Merksätze für Idioten: Bitte 100 mal abschreiben und im Hirn verankern
Alle, denen diese einfachen Weisheiten noch nicht bekannt waren, mögen bitte folgende Sätze 100 mal abschreiben und in ihrem Hirn verankern, auch wenn dessen Speicherkapazität damit vielleicht schon arg an ihre Grenzen gerät:
- Wenn ich einen Unfall verursache, darf ich nicht einfach weiterfahren.
- Wenn eine Straße gesperrt ist, hat das einen Grund. Einfach mal akzeptieren.
- In eine gesperrte Straße darf ich nicht hineinfahren.
- Treffe ich auf eine Straßensperrung, muss ich umdrehen und eine andere Route suchen.
- Wenn in einer gesperrten Straße Menschen herumlaufen, darf ich sie nicht überfahren.
- Ich darf auch sonst keine Menschen überfahren.
- Einsatzkräfte sorgen für unsere Sicherheit, dafür sollte ich dankbar sein.
- Ich beschimpfe keine Menschen, denen ich dankbar bin.