Der Stadtumbau ist eine riesengroße Chance, den Verkehr in Elmshorn künftig weniger im Sinne von Autofahrern, sondern mehr nach den Interessen Fußgängern und Radfahrern zu gestalten und steuern. So das Fazit eines Info- und Diskussionsabends, zu dem die Elmshorner Grünen am 13. Juni 2019 ins Rathaus geladen hatten.
Gleichzeitig war die Veranstaltung eine gute Gelegenheit, sich einmal ein Bild von dem frischgekürten Bürgermeisterkandidaten der Grünen, dem 31-jährigen Tafin Ahsbahs, zu machen. Denn der war ebenfalls mit von der Partie und moderierte den Abend im Wechsel mit dem Elmshorner Fraktionsvorsitzenden, Sven Hermann. Auf mich machte Tafin einen sympathischen Eindruck. Insgesamt saßen etwa 65 Menschen im Kollegiumssaal, die sich alle auf die eine oder andere Art ein paar Veränderungen im Elmshorner Verkehrsgeschehen wünschen.
Verkehrsprobleme waren schon oft Thema auf diesem Blog
Auf diesem Blog sind die Verkehrsprobleme in Elmshorn auch schon desöfteren Thema gewesen. Ich habe mir allgemeine Gedanken zum Thema Pendeln gemacht, mich über die ständigen Ausfälle der Käptn-Jürs-Brücke gewundert, meine Antworten im Fahrradklimatest öffentlich gemacht, mich über den zum Teil gemeingefährlichen Umgang mit Rennradfahrern im Kreis Pinneberg geärgert, die Veloroute 1 mit dem Fahrrad getestet und die mangelnde Zuverlässigkeit der Bahn kritisiert. Und all diese Themen habe ich in der einen oder anderen Form auch bei der Veranstaltung der Grünen im Rathaus wiedergefunden. Okay, alle bis auf die Frage zur Störanfälligkeit der Käptn-Jürs-Brücke. Nun will ich hier kein Protokoll der Veranstaltung liefern (eine kleine Zusammenfassung war schon in den Elmshorner Nachrichten zu lesen), sondern mir ein paar Punkte herauspicken, die sich mir besonders eingeprägt haben.
Elmshorn ist eine Pendlerstadt

Ebenfalls mit dabei: die grüne Bundestagsabgeordnete Ingrid Nestle
Auf die Frage, wer der Anwesenden selbst pendelt oder mit jemandem zusammenlebt, der woanders als in Elmshorn arbeitet, gingen die allermeisten Hände hoch. Auch unsere: Ich selbst arbeite zwar klimafreundlich im Heimbüro (ein großes Halleluja auf die Freiberuflichkeit!), doch mein Mann fährt jeden Morgen nach Itzehoe. Immerhin nicht in die andere Richtung, wo sich die meisten Pendler nach Hamburg mit dem Auto über die A23 oder in überfüllten und/oder verspäteten Zügen quälen. Da gebe ich der grünen Bundestagsabgeordneten Ingrid Nestle recht, die bei der Veranstaltung sagte, man müsse den Verkehrssektor ganz anders aufsetzen – sowohl aus organisatorischer als auch aus klimapolitischer Sicht.
Zum Glück ging es nicht um den abenteuerlichen Seilbahn-Vorschlag

Fun-Fact: Wer im Netz nach Bildern von Seilbahnen sucht, findet fast nur Bergpanoramen. Was sagt uns das?
Ich war ganz froh, dass an dem Abend nicht das Gespräch auf die Seilbahn kam, die kürzlich von den Grünen auf Kreisebene als neue Verkehrsverbindung zwischen Elmshorn und Hamburg vorgeschlagen wurde. Ganz ehrlich: Als ich das erste mal von diesem Vorschlag las, schaute ich vorsichtshalber nach, ob das nicht eine Satire-Meldung aus dem Postillon war. War es aber nichts, sondern ein ernstgemeinter Vorschlag zur Lösung der Verkehrsprobleme im Speckgürtel. Ich finde, man braucht nicht unbedingt ein kostspieliges Gutachten um herauszufinden, dass eine Seilbahn a) vor allem dann sinnvoll ist, wenn viele Höhenmeter überwunden werden müssen (zwischen Hamburg und Elmshorn ein eher untergeordnetes Problem), b) ziemlich langsam unterwegs ist und c) außerdem nicht sonderlich viele Passagiere auf einmal befördern kann. Aber nun gut, das müssen also erstmal Fachleute herausfinden, damit es jemand glaubt. Und dann können wir wieder über vernünftige Ideen diskutieren.
Im 10-Minuten-Takt von 5 Elmshorner Haltestellen Richtung Hamburg

Hier wäre Platz für die S-Bahn-Haltestelle Papenhöhe
Da wäre zum Beispiel die Idee der Elmshorner Grünen, eine Express-Schnellbahn zwischen Elmshorn und Altona/Hauptbahnhof einzurichten. Mit Zügen im verlässlichen 10-Minuten-Takt und fünf Haltestellen in Elmshorn, nämlich Gerlingsweg, Langenmoor, Papenhöhe, Elmshorn-Mitte und Elmshorn-Süd. Von Elmshorn aus ein paar Halten bis Pinneberg, und von dort aus ohne weiteren Halt nach Hamburg, damit die Fahrt nicht länger dauert als heute mit der Regionalbahn. Mein erster Gedanke zu den fünf Elmshorner Haltestellen war: „Moment mal, wozu denn gleich fünf Haltestellen? Kleine Städte haben nun mal immer nur einen Bahnhof!“ Doch dann fiel mir auf, dass genau das womöglich das Problem ist. Es ist kein Naturgesetz, dass sich Städte von der Größe Elmshorns mit einem einzigen Bahnanschluss zufrieden geben müssen.
Allein Hamburg-Langenhorn hat vier U-Bahn-Haltestellen
Ich erinnere mich an meine Zeit in Hamburg-Langenhorn, wo ich bis zu unserem Umzug hierher beinahe 20 Jahre gelebt habe. In Langenhorn gibt es vier U-Bahn-Haltestellen, dabei wohnen dort weniger Menschen als in Elmshorn, und die räumliche Ausdehnung ist auch nicht größer als hier. Auch in Langenhorn machen sich die meisten Menschen morgens auf den Weg in die Innenstadt – aber sie haben viel mehr Möglichkeiten, hierfür öffentliche Verkehrsmitteln zu nutzen als die Elmshorner. Warum eigentlich? Von meiner Wohnung zur U-Bahn war ich damals in Langenhorn zu Fuß etwa 8 Minuten unterwegs. Zum Elmshorner Bahnhof hingegen brauche ich mindestens 20 Minuten. Gäbe es eine Haltestelle Papenhöhe mit S-Bahn-Anschluss, müsste ich nur etwa 5 Minuten gehen, bis ich in die Bahn springen könnte. Das wäre schon eine coole Sache!
Vom Steindammpark zum Krückaupark radeln oder laufen können

Sich als Radfahrer oder Läufer von einfach Park zu Park bewegen – das hätte wirklich was…
Ein weiteres großes Thema des Abends war natürlich der Radverkehr in Elmshorn. Wenn bei der Verkehrsplanung mehr an die Perspektive der Radfahrer gedacht würde, dann müsste man sich mit dem Fahrrad vor einer Kreuzung vielleicht nicht mehr komisch um die Einmündung herumschlängeln, sondern könnte bei Grün einfach geradeaus weiterfahren. Man könnte auch vom Steindammpark über den Mühlendamm zum Krückaupark radeln, ohne einen Schlenker bis zur nächsten Fußgängerampel machen zu müssen – oder alternativ lange zu stehen und auf eine Gelegenheit zu warten, die vierspurige Straße zu überqueren. Diese unschöne Querung kenne ich persönlich vor allem vom Laufen: Dort muss ich meist lange warten, bis die Straße frei ist und ich mein Training, vom Steindammpark kommend, im Krückaupark fortsetzen kann. Fakt ist: Mit dem Rad oder zu Fuß ist man im Straßenverkehr derzeit einfach ein Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse – und das sollte sich ändern.
Nachtrag vom 19. Juni 2019: Ein aufmerksamer Leser hat mich darauf hingewiesen, dass ich in der ersten Version dieses Beitrags ein Bild verwendet habe, das anstelle des Bahnübergangs Papenhöhe den am Kaltenhof zeigt. Peinlicher Fehler, ich bitte um Entschuldigung! Da habe ich treffsicher das falsche Bild aus meiner Sammlung „Bahnübergänge in meiner näheren Nachbarschaft, die mich beim Training zu Laufpausen zwingen“ herausgegriffen. Ich habe das Bild nun ausgetauscht.
20. Juni 2019 um 8:26
Hallo,
leider habe ich noch einen Fehler im Artikel gefunden. Ja Grün hat auf der Kreismitgliederversammlung für ein neues Mobilitätskonzept beschlossen, darin enthalten auch Seilbahnen. Dass diese aber von Elmshorn nach Hamburg gehen sollen, das hat die Presse daraus gemacht. Der Antragstext lautet: „Die Unterstützung bei innovativen Mobilitätsformen in der Metropolregion, z.B. Konzepte für Seilbahnen“ und ist einer von 10 Punkten. Der komplette Antrag ist hier: https://www.gruene-pi.de/userspace/SL/kv_pinneberg/pdf/KMV_2018/Antrag-Verkehrswende-Kreistagsfraktion-6.6.2019-inkl._Ergaenzung_6.6.pdf
Ansonsten schöner Text. (Tafin Ahsbahs ist übrigens 30 Jahre.)
Viele Grüße
Anne Klatt
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20. Juni 2019 um 9:56
Moin, na klar, der Antragstext selbst ist eher vage gehalten. Aber wenn es in der Mitteilung der Kreis-Grünen dazu (siehe https://www.gruene-pi.de/home/, KMV der Grünen berät über Verkehrswende und Seilbahn-Antrag) explizit heißt, diese Variante solle als Alternative für das dritte Gleis geprüft werden, dann ist ja wohl klar, dass es dabei auch um die Route nach Elmshorn geht, wo seit Ewigkeiten über das dritte Gleis diskutiert wird. 🙂 Und für die Elmshorner Grünen ist Tafin bereits 31 Jahre alt, siehe ihre Meldung zur Aufstellung des Kandidaten, aus der ich sein Alter recherchiert hatte: https://www.gruene-elmshorn.de/2019/06/02/tafin-ahsbahs-buergermeisterkandidat-der-gruenen/. Nix für ungut und liebe Grüße
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