Bislang hatte ich mir nie großartige Gedanken gemacht, welche Logistik hinter einer Landtags- oder sonstigen Wahl steckt. Doch morgen ist erstmals mein Mann Christoph als Wahlhelfer bei der Landtagswahl im Einsatz. Ihn erwartet zusammen mit seinen ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen ein ganz ordentliches Pensum Arbeit, das ich der Truppe mit einem Nusskuchen wenigstens etwas versüßen möchte.
Wahlbenachrichtigung und Personalausweis einstecken, zum Wahllokal marschieren, im schlimmsten Fall ein paar Minuten Schlange stehen, Stimmzettel abholen, in der Kabine verschwinden und Kreuzchen machen. Für die meisten von uns ist der Akt des Wählens eine Sache von Minuten.
Mächtiger Aufwand hinter den Kulissen
Für meinen Mann Christoph wird die morgige Landtagswahl allerdings ein Ganztagsjob. Denn er hat sich vor einer Weile freiwillig als Wahlhelfer gemeldet und wurde gleich spontan zum Wahlvorsteher des Wahlbezirks 6 in Elmshorn erklärt. Weil Christoph jemand ist, der gern genau Bescheid weiß um seinen Job dann auch ordentlich zu machen, hat er sich in den vergangenen Wochen eingehend mit den Aufgaben eines Wahlvorstands beschäftigt. Und was soll ich sagen? Ich hatte nicht die geringste Ahnung, welch ein Aufwand hinter den Kulissen betrieben werden muss, damit ich und alle anderen Wahlberechtigten ihre Kreuzchen machen können und alles sauber und korrekt abläuft.
Der Wahlvorsteher hat am Wahltag Hausrecht im Wahllokal
Zunächst erhielt Christoph diverse Schreiben mit Informationen, dann wurde er in einer Abendveranstaltung im Rathaus zusammen mit den Wahlvorstehern nebst Stellvertretern aller Wahlbezirke in Elmshorn genauestens instruiert – persönliche Begrüßung von Bürgermeister Volker Hatje inklusive, der die Wahlvorstände per Handschlag zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahlen und zur Geheimhaltung verpflichtete. Anfangs habe ich all diese Begrifflichkeiten nicht unterscheiden können, doch nun weiß ich: Alle Wahlhelfer im Wahllokal bilden zusammen den Wahlvorstand, dem ein Wahlvorsteher – wie der Name es schon sagt – vorsteht. Der Wahlvorstand hat am Wahltag Hausrecht im Wahllokal, kann notfalls also auch Menschen des Wahllokals verweisen, wenn sie Krawall machen oder auf irgendeine andere Weise die freien Wahlen behindern. Für Christophs Wahllokal haben sich außerdem Meinungsforscher von der Forschungsgruppe Wahlen angekündigt, die im Auftrag des ZDF Umfragen für die Hochrechnungen vor dem Wahllokal durchführen werden.
Wahlhelfer arbeiten im Zwei-Schicht-System
Christoph muss dafür sorgen, dass alle anderen Wahlvorstände im Zwei-Schicht-System zwischen 8 und 18 Uhr den ordentlichen Wahlbetrieb im Wahllokal aufrecht erhalten, wobei immer mindestens drei Wahlvorstände anwesend sein müssen: der Wahlvorsteher bzw. sein Stellvertreter sowie ein Beisitzer und ein Schriftführer. Um das zu gewährleisten, hatte Christoph bei der Infoveranstaltung eine Liste mit den Telefonnummern des Wahlhelferteams in seinem Wahllokal bekommen, die er nun in den vergangenen Wochen nach und nach abtelefonierte. Sollten wegen Krankheit oder anderen wichtigen Gründen Wahlhelfer verhindert sein, so dass nicht die vorgeschriebene Anzahl von Wahlvorstände vor Ort ist, kann Christoph Wahlberechtigte, die zur Stimmabgabe ins Wahllokal kommen, spontan als Wahlhelfer verpflichten – dagegen kann man auch herzlich wenig ausrichten, das ist Bürgerpflicht.
Was tun, wenn der Wählerwillen nicht zweifelsfrei erkennbar ist?
Morgen dann wird Christoph frühmorgens im Rathaus die verschlossene Wahlurne und die Listen aus dem Wählerverzeichnis abholen, in denen die Wahlhelfer jeden Wähler abhaken, der zur Stimmabgabe erscheint. Er übernimmt dann die erste Schicht von 8 bis 13 Uhr. Ab 17 Uhr muss er unbedingt wieder vor Ort sein, denn dann wollen die Mitarbeiterinnen der Forschungsgruppe Wahlen den Stand der Wahlbeteiligung wissen, und ab 18 Uhr beginnt die Stimmauszählung. Es gibt ein ganz bestimmtes System, mit dem die Wahlzettel vorsortiert und dann ausgezählt werden, damit sich möglichst keine Fehler einschleichen. Bei der Auszählung der Stimmen kann übrigens jeder zuschauen, das ist das gute Recht eines jeden Wahlberechtigten. Die Wahlzettel mit Zweifelsfragen kommen übrigens beim Auszählen auf einen Extrastapel; über diese Zettel wird dann im Wahlvorstand diskutiert: Was könnte der Wähler gemeint haben? Wenn der Parteiname statt des Kästchens angekreuzt ist, kann man den Wählerwillen ja noch relativ klar identifizieren. Wenn jemand sein Kreuz irgendwo zwischen zwei Kästchen gesetzt hat, wird es schon schwieriger. Dann stimmt der Wahlvorstand ab, ob man die Stimme für die Partei zählen sollte, an deren Kästchen das Kreuz näher dran war oder ob der Wahlzettel als ungültig gewertet wird. Ist der Wahlvorstand uneins, entscheidet der Wahlvorsteher (also Christoph!). Während des Auszählens muss er außerdem in regelmäßigen Abständen im Rathaus anrufen und die aktuellen Zwischenstände durchgeben.
Nusskuchen für die Wahlhelfer in der Boje-C.-Steffen-Schule
Ich finde, das ist sehr anspruchsvoller und verantwortungsvoller Job, den mein Mann sich da für morgen geangelt hat. (Und wenn ich Aussagen aus dem Bekanntenkreis richtig deute, dann könnte es nach diesem ersten freiwilligen Einsatz gut sein, dass Christoph auch künftig bevorzugt als Wahlvorstand verpflichtet wird, weil die Stadt Elmshorn als Ausrichter der Wahlen nie genügend Freiwillige hat und daher gern auf bewährte Leute zurückgreift – auch hier gilt übrigens, dass man sich gegen die Verpflichtung als Wahlhelfer nicht wirklich wehren kann, es sei denn, man kann nachweisen, dass bereits ein Urlaub gebucht ist oder ein Krankenhausaufenthalt ansteht). Und weil ich großen Respekt vor dieser Arbeit habe, die schließlich uns allen und unserem Recht auf politische Mitbestimmung zugute kommt, habe ich gerade einen Nusskuchen im Ofen. Für die Wahlhelfer im Wahlbezirk 6, dessen Wahllokal sich übrigens in der Boje-C.-Steffen-Gemeinschaftsschule befindet.
Beim Spaziergang zum Wahllokal ist mir immer feierlich zumute
Ich selbst werde morgen ganz wie immer in mein Wahllokal in der Kita Hasenbusch spazieren. Es gefällt mir, wenn an Wahltagen die Menschen paar- oder familienweise aus dem Haus gehen, um wählen zu gehen. Viele ziehen sich sogar besonders schick an und schauen ernsthaft drein. Mir ist dann immer ganz feierlich zumute. Denn es haben weiß Gott nicht alle Menschen auf dieser Welt die Möglichkeit, ihrem politischen Willen im Rahmen von freien Wahlen Ausdruck zu verleihen. Also Leute, geht wählen! Und wenn ihr noch Zeit habt zum Kuchenbacken: Bringt den fleißigen Wahlhelfern doch was Leckeres mit – sie haben einen harten Job morgen!
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