Kennt ihr die Gebrauchtbörse Plietschplatz, Nachfolger der Börse „Für den Müll zu schade“ bei Pi-Abfall? Ich habe die Nachrichten von Pi-Abfall auf Facebook abonniert, seit mich eine Blogleserin mal auf deren umfassenden Online-Service hingewiesen hatte. Da hatte ich nämlich einmal in einem launigen Beitrag darüber berichtet, dass ich gelegentlich beinahe die Müllabfuhrzeiten in unserer Straße verpasse und deshalb frühmorgens eilige Pyjama-Sprints hinlegen muss.
Seit ich die App von Pi-Abfall auf meinem Handy habe und außerdem die Facebook-Nachrichten des Abfall- und Wertstoffunternehmens abonniert habe, entgeht mir nichts mehr auf diesem Sektor. Und so entdeckte ich in meiner Facebook-Timeline heute ein Angebot für ein schönes antikes Klavier auf dem Plietschplatz. Nun ist es nicht so, dass ich auf der Suche nach einem Klavier wäre. Ich spiele nicht einmal Klavier – zumindest nicht mehr. Als Kind und Jugendliche hatte ich etwa zehn Jahre lang Klavierstunden, doch seither habe ich kein Klavier mehr angefasst – obwohl in meinem Elternhaus ein wunderschöner Flügel steht, an dem ich bei jedem Heimatbesuch durchaus ein paar Fingerübungen einlegen könnte.
25 Euro für ein schönes antikes Klavier – ist das nicht ein Schnäppchen?
Doch ich hatte immer mal wieder daran gedacht, meine irgendwo weit hinten im Hirn vergrabenen Klavierfertigkeiten wieder auszugraben – vielleicht ist ja noch ein bisschen davon übrig? Außerdem ist ein Klavier (insbesondere ein antikes Exemplar) auch ein äußerst dekoratives Möbelstück. All diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, als ich die Anzeige auf dem Plietschplatz sah. Schlappe 25 Euro soll das schöne Stück kosten, dafür muss es mit Sicherheit gestimmt und möglicherweise auch an anderen Stellen aufbereitet oder restauriert werden.
Franz Hell war ein bekannter Instrumentenmacher aus Elmshorn
Wenn man die Fotos einmal heranzoomt, dann erkennt man das Messingschild „Franz Hell Elmshorn“ auf dem Klavier. Wer diesen Namen googelt, der erfährt mit ein bisschen Ausdauer beim Herumflicken, dass Franz Hell ein Instrumentenbauer aus Elmshorn war. In einem Forum namens Maestronet ist nachzulesen, dass Franz Hell 1896 in Elmshorn geboren wurde, in Markneukirchen das Handwerk des Instrumentenmachers erlernte, im Jahre 1921 nach Norwegen zog und 1921 nach Chicago übersiedelte. Ob er danach wieder nach Elmshorn zurückkehrte, habe ich bislang nicht herausfinden können. Doch ich vermute es, da offenbar noch eine ganze Reihe antiker Klaviere aus den Jahren 1920 bis 1930 von ihm in Deutschland im Umlauf sind. Antike Geigen aus seiner Werkstatt werden in diversen Musikforen zum Teil hoch gehandelt.
Derzeit dient das Klavier als Requisite für ein Theaterstück im Stadttheater
Aktuell steht das Klavier im Elmshorner Stadttheater, wo es als Requisite für das Stück „Western Schwestern“ dient, das Freitag und Sonnabend dort aufgeführt wird. Danach muss es weg, denn niemand im Ensemble hat Platz und Verwendung für das Klavier, wie man mir auf Anfrage mitteilte. Am besten wäre es, wir würden das Klavier am Sonnabend Nachmittag besichtigen und am Abend gleich nach der Aufführung abholen, dann müsste die Theatergruppe das Klavier nicht selbst erst einmal woanders zwischenlagern. Mein Mann Christoph, der sich für Sonnabend eigentlich eine längere Rennradausfahrt vorgenommen hat, fand das einen allzu sportlichen Zeitplan. Schließlich müssten wir nach der Besichtigung unter Umständen binnen weniger Stunden einen Anhänger nebst Klaviertragegurten und kräftigen Tragehelfern organisieren.
Was wäre, wenn unser Restaurationsprojekt scheitert?
Doch auch er liebäugelte mit der Idee, unser Wohnzimmer mit einem antiken Klavier aufzuwerten und vielleicht sogar das Klavierspielen zu lernen. Ein historisches Schätzchen eines Elmshorner Instrumentenmachers hat noch einmal das ganz besondere Etwas. Christoph würde sich sogar zutrauen, die Restaurierung selbst zu übernehmen. Wir rückten probehalber den Esstisch in eine andere Position und sprangen mit dem Zollstock hin und her. Könnte passen. Doch wenn es sich nun nicht mehr richtig stimmen lässt? Wenn es mit ein bisschen neuem Filz auf den Hämmern nicht getan wäre? Wenn das Projekt Restaurierung ausufern und über Monate unser Wohnzimmer blockieren würde? Und wenn wir doch keine Zeit oder Lust fänden, Klavier zu üben?
Wer mag dem schönen alten Elmshorner Klavier ein neues Zuhause geben?
Ein kleines bisschen blutet mir das Herz, doch wir haben uns nun dagegen entschieden. Es war am Ende doch eine etwas zu spontane Idee. Für alle anderen Liebhaber historischer Instrumente und Restaurationsprojekte ist das allerdings eine gute Nachricht: Das Klavier ist immer noch zu haben, und die Theatergruppe freut sich über weitere Interessenten, die diesem schönen Stück ein neues Zuhause geben.
Kleiner Nachtrag vom 29. April 2017: Wie ich erfahren habe, hat sich inzwischen eine Dame gemeldet, die heute das schöne Klavier abholen möchte. Das freut mich sehr!
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