Heute war der erste richtige gefühlte Frühlingssonntag in diesem Jahr. Ein guter Zeitpunkt also, um zu beginnen, den Garten wieder ein wenig auf Vordermann zu bringen. Und um beim Plausch mit einer Nachbarin zu erfahren, dass hier in der Umgebung offenbar Drogensüchtige durch die Gärten streifen und Hortensienblüten kappen, um sie zu rauchen.
Ich liebe Hortensien. Sie wachsen schön und gleichmäßig, blühen den ganzen Sommer hindurch wunderschön und sind extrem pflegeleicht und unempfindlich. Entsprechend haben wir im Zuge unserer Gartenumgestaltung vor knapp zwei Jahren also wieder etliche Hortensien gepflanzt und freuen uns sehr an ihnen. Bis heute trugen die Sträucher allerdings noch ihr verblühtes Winterkleid, von dem ich sie vorhin mit meiner Gartenschere befreite, um Platz für junge Triebe und neue Blüten zu schaffen.
Nicht nur ich nutzte den milden und sonnigen Sonntagnachmittag für einen kleinen Frühjahrsputz im Garten. Auch meine Nachbarin lief mit erdigen Händen in Gummiclogs und mit Harke bewaffnet umher. Bei einem kleinen Schnack neben den Mülltonnen fragte sie mich beiläufig: „Oh, Sie haben Ihre Hortensienblüten immer noch dran? Hat die Ihnen keiner geklaut im letzten Jahr?“ Ich fragte verwundert, wie sie denn auf diese Idee kommt, und sie antwortete mir: „Da sind doch immer Drogensüchtige unterwegs, die Hortensienblüten abschneiden und sie rauchen!“
Kahlgeplünderte Hortensiensträucher in der Elmshorner Straße Stubbenhuk
Ganz, ganz dunkel erinnerte ich mich dann an Meldungen in der Zeitung, die ich aber nur am Rande wahrgenommen und nie ganz gelesen hatte. So konnte man in den Elmshorner Nachrichten 2014 lesen, dass zum Beispiel in der Elmshorner Straße Stubbenhuk sämtliche Hortensiensträucher kahlgeplündert wurden, weil Kiffer ihre Blätter, Triebe und Blüten gern als Marihuana-Ersatz verwenden. Meine Nachbarin wusste auch von Fällen in Horst, Raab-Besenbek und Hemdingen zu berichten. „Dabei ist das doch gefährlich!“ Während ich so die alten Zweige abschnitt, überlegte ich, ob es wohl die neuen oder die verwelkten Hortensienblüten sind, die sich für einen Rausch eignen. Die verwelkten Blüten dürften meinetwegen gern andere als ich von den Sträuchern schneiden oder ich bei mir aus der Biotonne fischen. Doch die jungen Triebe und Blüten sollen mich Bitteschön durch den Sommer begleiten.
Warnung vor Blausäureverbindungen, die beim Rauchen entstehen
Meine Neugier war geweckt, und ein paar Klicks weiter weiß ich nun mehr. Die Pharmazeutische Zeitung erscheint mir als Medizinjournalistin eine seriöse Quelle zu sein, wenn es um die Wirkung von Substanzen geht. Darin war bereits 2009 zu lesen, dass Hortensien sich insbesondere bei Jugendlichen als Marihuana-Ersatz großer Beliebtheit erfreuen – neben anderen Gewächsen wie Fliegenpilzen, Engelstrompeten und getrockneten Kakteenscheiben. Den Trieben und Blüten wird eine halluzigene Wirkung nachgesagt, sie sollen einem das „Gefühl zu schweben“ bereiten. Allerdings wird eindringlich vor dem Konsum gewarnt, weil Hortensienblätter Blausäureverbindungen enthalten, die beim Rauchen freigesetzt werden können. Ein Rausch also, der im schlimmsten Fall tödlich enden kann.
Ist der Rausch am Ende gar kein Rausch?
Weniger gesundheitliche Bedenken scheint das Portal Hausgarten.net zu hegen. Es seien immerhin noch keine Fälle bekannt geworden, in denen das Rauchen von Hortensien Jugendlichen ernsthafte Schäden zugefügt hätte. Allerdings zweifeln die Autoren auch die Rauschwirkung der Blüten an und auch raten aus diesem Grund vom Konsum ab. Der Hanfverband allerdings, bei dem ich allein aufgrund seines Namens eher nicht davon ausgehen würde, dass er den Konsum cannabisartiger Drogen verharmlost, warnt davor, Hortensienblüten zu rauchen: Weder die wirksame Substanz, noch die Wirkweise seien bekannt. Bekannt seien allerdings die oben schon erwähnten Blausäureverbindungen, die in den Zellstoffwechsel eingreifen und zu einer Atemlähmung führen könnten. Außerdem werde das in den Blättern der Hortensie enthaltene Hydrangenol für Kontaktallergien verantwortlich gemacht.
Deine Freunde lachen sich tot und du fühlst dich cool. Und dann stirbst du.
Nein, bei mir hat sich zum Glück noch nie jemand über meine geliebten Hortensien hergemacht. Und ich hoffe auch, dass das so bleibt. All jenen, die erwägen, meinen Garten zu plündern, empfehle ich die Lektüre des Chatverlaufs auf dem Portal Gutefrage.net, wo jemand auf die Frage, ob man Hortensien rauchen kann, folgende schöne Antwort erhielt: „Es ist zwar möglich, die Dinger zu rauchen, das hat in etwa denselben Effekt wie an Bormanns gebrauchter Blausäurekapsel zu nuckeln (die Dinger setzen die nämlich frei). Deine Freunde lachen sich tot und du fühlst dich cool. Und dann stirbst du.“