Elmshorn für Anfänger

Geschichten von einer, die auszog, im Hamburger Speckgürtel zu leben. Eine pragmatische Liebeserklärung.

Willkommensteam für Flüchtlinge in Elmshorn gegründet

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Nach einem zweiten Treffen im Rathaus ist nun klar: Gut 20 Elmshorner werden der Behörde dabei helfen, neu eintreffende Flüchtlinge willkommen zu heißen und ihnen in der Anfangszeit zu helfen.

Seit Jahresbeginn sind 81 Flüchtlinge aus verschiedenen Krisengebieten nach Elmshorn gekommen, leben hier und warten auf die Anerkennung ihrer Asylanträge. Für die Stadt ist es nicht leicht, all diese Menschen unterzubringen und ihnen den Start zu erleichtern. Deshalb hat sich am 29. Oktober 2014 ein Willkommensteam gegründet, das die Behörde dabei unterstützen möchte, neu eintreffende Flüchtlinge willkommen zu heißen und sie in der Anfangszeit in Elmshorn zu unterstützen. Manche Flüchtlinge kommen allein hierher, andere als Familien. Viele sind traumatisiert, alle haben eine schwierige Flucht und eine nervenaufreibende Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung in Neumünster hinter sich.

Es gab schon 1986 eine große Flüchtlingswelle

Als ich im September las, dass die Stadt Elmshorn ein Willkommensteam für Flüchtlinge auf die Beine stellen möchte, war ich gleich begeistert. Schließlich habe ich schon 1986, als auch meiner Heimatstadt Lemgo auf einmal viele Flüchtlinge zugeteilt wurden, zusammen mit anderen Schülern und Studenten in einer ähnlichen Initiative mitgearbeitet. Wir trafen uns damals in den Räumen des „Friedensbüros“ oder der Caritas, um mit den Neuankömmlingen aus Iran, Bangladesh und Sri Lanka Kaffee zu trinken und mit ihnen Deutsch zu plaudern. Ich war in dem Team aktiv, das Flüchtlinge aus dem Iran betreute und fand das unglaublich spannend. Ich begann Farsi (Persisch) zu lernen und las alles über den Iran, das ich zwischen die Finger bekam. Aus unserem Engagement entwickelten sich rasch Einladungen zum Kochen, Essen und Feiern, Freundschaften und bei mir sogar meine erste Ehe – und ein Iranistik-Studium, das 1990 noch als eigenständiger Magisterstudiengang an der Uni Hamburg angeboten wurde. Es wäre doch toll, wenn ich all diese Kenntnisse und nicht zuletzt mein Farsi wieder aktivieren könnte, um Flüchtlingen aus Afghanistan zum Beispiel Behördenpost zu übersetzen oder ihnen ein paar erste Sätze auf Deutsch beizubringen, oder?

Aktive aus dem „Forum der Vielfalt“ und von „Dialog in Deutsch“

Ich war also am 29. Oktober 2014 dabei, als sich gut 20 Elmshorner mit zwei Vertretern der Stadt Elmshorn im Rathaus zum zweiten Mal trafen, um nun ein bisschen konkretere Ideen für das Willkommensteam zu erarbeiten. Einige von ihnen sind bereits im Elmshorner „Forum der Vielfalt“ aktiv oder unterrichten an der Volkshochschule (VHS) ehrenamtlich „Dialog in Deutsch“ – ein tolles Angebot der VHS, denn schließlich gibt es für Flüchtlinge bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens keine öffentlichen Mittel für Sprach- oder Integrationskurse. Andere der Teilnehmer hatten gerade ihre ehrenamtliche Tätigkeit für den Seniorenrat an den Nagel gehängt, um sich neuen Aufgabe zu widmen, wieder andere sind in der Diakonie aktiv oder bringen Erfahrung in der Kinder- und Erwachsenenpädagogik mit. Einige aus unserer bunten Runde stammen ursprünglich selbst aus anderen Ländern, können sich noch gut an ihre Anfangsschwierigkeiten in Deutschland erinnern und wollen nun anderen Flüchtlingen die Ankunft erleichtern. Auf jeden Falle eine sehr vielfältige Truppe mit ganz unterschiedlichen Biographien – und ebenso verschiedenen Beweggründen, sich nun im Willkommensteam zu engagieren.

Anruf kommt am Montag, die Flüchtlinge am Dienstag darauf

Michael Dürr, Sachgebietsleiter Unterbringung der Stadt Elmshorn, erzählte, dass er immer nur eine Woche im Voraus erfährt, wie viele Flüchtlinge welcher Nationalität als nächstes in Elmshorn eintreffen werden. „Und dann muss ich Wohnraum für sie organisieren und einrichten.“ Keine leichte Aufgabe, denn schließlich ist der Wohnungsmarkt in Elmshorn angespannt – ganz besonders seit dem Wohnungsbrand in der Beethovenstraße im Juni 2014, der auf einen Schlag 105 Wohnungen unbewohnbar machte. Ihre Bewohner mussten nach dem Brand schnell untergebracht werden – und diese Wohnungen fehlen nun natürlich auch für die Unterbringung von Flüchtlingen.

Es fehlt an Unterstützung und Zuwendung im Alltag

Doch vor allem fehlt es an Unterstützung und Zuwendung im Alltag, und zwar bei ganz elementaren Fragen wie „Wo kann ich in Elmshorn günstig einkaufen?“ oder „Wann fährt mein Bus?“ bis hin zu komplexeren Herausforderungen wie „Was muss ich tun, damit mein Studienabschluss übersetzt und in Deutschland anerkannt wird?“ oder „Welche Leistungen stehen mir als Asylbewerber eigentlich zu?“ Martina Sözen, Leiterin des Amtes für Bürgerbelange, versprach, einen Laufzettel mit den wichtigsten Infos für die neuen Ehrenamtlichen zu erstellen und bei den nächsten Treffen Referenten der verschiedenen Fachbehörden mitzubringen. Außerdem wollen wir uns untereinander per E-Mail und Telefon vernetzen. Doch das Wichtigste ist, dass wir einfach einmal anfangen: Wir werden ab jetzt in Zweierteams diejenigen Flüchtlinge besuchen, die bei ihrem Eintreffen im Rathaus signalisieren, dass sie Unterstützung benötigen. Ich bin gespannt, was auf mich zukommt – und wann ich wohl das nächste Mal Gelegenheit habe, wieder einmal ein bisschen Farsi zu plaudern.

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