Vor knapp einer Woche wurde das Geheimnis um Elmshorns neue Stadtmarke gelüftet. Weil nun einmal jede Stadt eine Marke oder einen Slogan haben muss. Hamburg ist das Tor zur Welt, Elmshorn ist „supernormal“.
Zwei Worte, kurz und knapp, präsentiert auf magentafarbenem Hintergrund. „Elmshorn. Supernormal.“ In einer Mitteilung der Stadtverwaltung vom 26. Januar 2017 heißt es dazu: „Als erste Stadt überhaupt hat Elmshorn eine Marke entwickelt, die aus dem Wettbewerb um noch tollere, noch hübschere, noch unglaublichere Eigenschaften aussteigt. Und in den Vordergrund stellt, was heute schon wieder etwas Besonderes ist: Normalität.“

Bei der Präsentation der neuen Stadtmarke in der Nordakademie
Kein Touristenmagnet – aber eine nette, mittelhübsche Stadt
Für mich war der Bezug zur Normalität ziemlich vorhersehbar. Ich erinnere mich noch genau an die Umfrage der Stadtverwaltung, mit der Bürgerinnen und Bürger in einem langen Fragenkatalog gelöchert wurden, was ihnen denn besonders gut an Elmshorn gefällt, wo sie die Stärken dieser Stadt sehen und wo das besondere Potenzial. Mein Mann und ich waren noch relativ frisch hier und hatten das Gefühl, noch nicht auf alle Fragen wirklich fundierte Antworten geben zu können, die auf unserem eigenen Erleben basierten. Dennoch erinnere ich mich dunkel, auf einige Fragen sinngemäß geantwortet zu haben, dass mir das Unaufgeregte an Elmshorn gefällt. Kein Touristenmagnet, an dem Busladungen voller Menschen ausgekippt werden, die dann mit offenen Mündern und Fotoapparaten durch die Innenstadt streifen. Aber eben doch eine nette, an vielen (wenn auch bei weitem nicht allen) Ecken auch hübsche Stadt, die im Wesentlichen alles bietet, was man so zu einem normalen Leben braucht. Und für alles Außergewöhnliche kann man ja fix nach Hamburg oder ans Meer fahren, beides ziemlich schnell erreichbar.
Was ich in meinem Wettbewerbsbeitrag geschrieben hätte
Außerdem erinnere ich mich dunkel, dass seinerzeit bei der Auswertung der Umfrage herausgekommen ist, dass viele Elmshornerinnen und Elmshorner ganz ähnlich denken. Sie schätzen die Normalität in dieser Stadt. Woraufhin die Stadt Elmshorn im vergangenen Herbst gleich eine neue Umfrage bzw. einen Ideenwettbewerb startete und ihre Bewohnerinnen und Bewohner fragte, was denn für sie diese geschätzte Normalität ausmacht. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, darüber einen eigenen Blogbeitrag zu schreiben und ihn bei dem Wettbewerb einzureichen. Darin hätte ich geschrieben,
- dass es für mich normal ist, in die eine Richtung nur zehn Minuten in die Innenstadt zu laufen und in die andere Richtung schnell auf Stoppelfelder mit echter, kuhdunggeschwängerter Landluft zu gelangen.
- dass es für mich normal ist, dass ein supernormales Einfamilienhaus hier locker 100.000 Euro weniger kostet als eines in Hamburg.
- dass es für mich normal ist, mit dem Rad binnen zehn Minuten am Krückaudeich zu sein, wo ich über Seester und Seestermühe vorbei an schnuckeligen Häuschen ganz schnell am Krückausperrwerk und noch ein bisschen weiter auch schnell an der Elbe in Kollmar bin. Eine Radausfahrt, bei der sich in Windeseile mein Kopf leert und ich wieder neue Energie tanke.
- dass es für mich normal ist, meinen Mann vom Bahnhof abzuholen und mich mit ihm mit einem wortlosen Blick darauf zu verständigen, dass wir heute beide keine Lust zu kochen haben und lieber ins Ochi’s gehen.
- dass es für mich normal ist, im Badepark in die Sauna zu gehen, wo es keine papageiengeschmückte Karibikgrotte oder ähnlichen Firlefanz gibt, sondern die so angenehm normal ist.
- dass es für mich normal ist, beim Lauftraining nette Menschen kennen zu lernen und mit ihnen beim Elmshorner Stadtlauf anzutreten.
- dass es für mich normal ist, mitten in der Flüchtlingskrise zu einem losen Treffen ins Rathaus zu gehen und zusammen mit einer Gruppe anderer hilfbereiter Menschen das Willkommensteam für Flüchtlinge zu gründen.
- dass es für mich normal ist, mit dem Auto weniger Zeit als die Hamburger nach St. Peter Ording zu brauchen.
- dass es für mich normal ist, eine Biokiste vom nahe gelegenen Hof Dannwisch in Horst zu bestellen.
- dass es für mich normal ist, hier urige Besonderheiten wie den Wasserturm oder die Fähre Kronsnest zu entdecken.
- dass es für mich normal ist, über mein Leben Elmshorn zu bloggen und damit (glaube ich zumindest!) die einzige Bloggerin zu sein, die explizit über Elmshorn schreibt.
Dummerweise habe ich im Herbst den Einsendeschluss für meine Gedanken zu Elmshorns Normalität verpasst, und damit auch die Chance auf einen schicken Fresskorb, den dann halt ein anderer Gewinner eingeheimst hat. Dafür gebe ich sie halt bei dieser Gelegenheit einmal zum Besten.
Elmshorn wäre nicht Elmshorn ohne seine notorischen Nörgler
Elmshorn wäre natürlich nicht Elmshorn, wenn die notorischen Nörgler nicht wieder etwas zu meckern hätten. Kaum war die Stadtmarke bekanntgegeben, ging natürlich der Streit erst richtig los. Auch in den einschlägigen Facebook-Gruppen wurde nicht mit Kritik gespart. Sie reichte von „das hätte ich denen aber billiger besorgt“ (die Entwicklung der Stadtmarke hat rund 70.000 Euro gekostet) bis „also richtig super wäre es ja, wenn XXX“. Die Stadtverwaltung hingegen ist stolz auf den neuen Slogan. Ich für meinen Teil mag die neue supernormale Stadtmarke. Okay, das Magenta hätte nicht sein müssen, das ist nach Telekom und FDP doch nun wirklich ziemlich abgewirtschaftet. Aber ansonsten: supernormal!
Wer das auch so sieht, kann sich übrigens im Rathaus Postkarten mit verschiedenen supernormalen Elmshorn-Slogans kostenlos abholen. Wobei… die Postkarten-Slogans hätten für meinen Geschmack um einiges kreativer sein können, die reißen mich nicht vom Hocker… Oje, ich fange ja auch schon an zu nörgeln! Am Ende bin ich schon mehr Elmshornerin als ich dachte! 🙂
