Elmshorn für Anfänger

Geschichten von einer, die auszog, im Hamburger Speckgürtel zu leben. Eine pragmatische Liebeserklärung.

Riesenschreck im neuen Jahr: In unser Haus wurde eingebrochen!

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Über Silvester und Neujahr waren mein Mann und ich für ein paar Tage in St. Peter Ording. Spazieren gehen, durchpusten lassen, Seele baumeln lassen… der Erholungsplan ging voll auf – bis wir nach Hause kamen und feststellen mussten, dass wir in unserer Abwesenheit ungebetene Gäste hatten, die meinen gesamten Schmuck mitgenommen haben.

Als wir nach unserem sehr gemütlichen und erholsamen Neujahrsurlaub unsere Haustür öffneten, kam uns gleich etwas komisch vor. Aus dem Wohnzimmer wehte es sehr ungemütlich kalt in den Flur, der Vorhang bewegte sich. Dann sahen wir die Scherben vor der Terrassentür. Die offenen Schubladen unseres Spieleschrankes. Und wussten: Scheiße, bei uns wurde eingebrochen.

Ich bin nun eine, in deren privaten Dingen herumgewühlt wurde

Mir war so etwas bis dato noch nicht passiert. Und das, obwohl ich auch in Hamburg-Langenhorn 16 Jahre lang in einer Erdgeschosswohnung gewohnt habe, in deren Nachbarschaft auch gelegentlich eingebrochen wurde. „Sowas passiert anderen, nicht mir“, dachte ich wie vermutlich viele andere. Jetzt bin ich eine von den anderen. Eine, in deren privaten Dingen herumgewühlt wurde. Deren Arbeitszimmer durchsucht wurde. Eine, die schnell nach oben ins Schlafzimmer läuft um zu sehen, dass dort Klamotten aus den Schränken gezerrt und Nachttischschubladen herausgerissen wurden. Eine, in deren Unterwäsche ein Einbrecher herumgefingert hat. Einfach ekelhaft. Und eine, deren Schmuckkästchen auf dem Boden lag. Oh nein.

Was haben fremde Arschlöcher in meinem Haus zu suchen?

„Nichts anfassen, wir rufen erstmal die Polizei“, sagte mein Mann. Ich hätte zwar gern gewusst, welche Schmuckstücke fehlen, doch als routinierte Tatort-Zuschauerin wusste ich, dass ich so Fingerabdrücke verwischen könnte. Wir alarmierten also die Polizei, machten ein paar Fotos und warteten. Ich heulte ein bisschen, ließ es dann wieder bleiben. Es kam mir so unwirklich vor. Was haben fremde Arschlöcher in meinem Zuhause zu suchen? Mit welchem Recht verschaffen sie sich Zutritt zu meinem Heim und nehmen mit, was ihnen wertvoll erscheint?

Suche nach Fingerabdrücken und DNA-Spuren

Nach einer Weile trafen zwei Polizisten von der Elmshorner Wache ein. Einer ging um das Haus herum, um den Fluchtweg der Einbrecher zu rekonstruieren. Der andere untersuchte aufmerksam das Loch in der Scheibe unserer Terrassentür. Da hatte jemand in den Türrahmen gebohrt, vielleicht weil die Scheibe dann leichter zerspringt und sich einschlagen lässt? Die beiden Beamten suchten nach Fingerabdrücken und DNA-Spuren, wie sie Einbrecher manchmal in Form von Blut hinterlassen, wenn sie sich beim Griff durch die aufgebrochene Scheibe verletzen. Und sie begleiteten mich nach oben in unser Schlafzimmer, damit wir gemeinsam in mein Schmuckkästchen schauen konnten.

Ein goldener Pudel von meinem Opa für meine Mama für mich für meine Nichte

Es war – wie befürchtet – nahezu leer. Nur Silber- und Modeschmuck hatten die Diebe dagelassen. Ich habe ein Faible für Goldschmuck, und auf genau den hatten die Einbrecher es abgesehen. Alles war weg, meine Ringe, meine Ketten mit Goldanhängern, mein goldener Armreif. Darunter einige Stücke, die für mich mit wichtigen Erinnerungen verbunden sind. Zum Beispiel eine Kette aus 585er Gelbgold mit einem massiven Anhänger in Form eines Pudels, ziemlich naturgetreu nachgebildet (und so ähnlich wie dieses Modell hier, wobei mein Pudelchen die Vorderbeine gerade hielt und sich nicht geduckt hatte), ordentlich Pudel-like geschoren, mit akkuraten Löckchen im Fell und kleinen Rubinen als Augen. Ich habe zwar nie im Leben einen Pudel besessen, doch meine Mutter hatte als Kind einen, den sie sehr geliebt hat. Und deshalb hatte ihr Vater ihr, als sie noch ein Mädchen war, diese Kette geschenkt. Zu meiner Erstkommunion (ja, ich war früher mal katholisch…) schenkte sie mir die Kette und bat mich, eine Familientradition daraus zu machen, indem ich die Kette später einmal an meine Tochter weitergebe. Nun habe ich zwar keine Tochter, doch immerhin drei Nichten. Und ich wollte das Pudelchen eigentlich dieses Jahr im Mai meiner Patennichte zur Erstkommunion schenken.

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Eine goldene Nofretete für eine willkommene Braut

Dann war da die Kette aus 750er Gelbgold mit einem Nofretete-Anhänger, der so ungefähr wie dieser hier aussieht. Sie war ein Geschenk meiner ersten Schwiegermutter. Als ich mit meinem ersten Ehemann, der aus dem Iran stammt, im Sommer 1989 in die Türkei reiste (damals waren wir längst noch nicht verheiratet, sondern noch recht frisch verliebt), begegnete ich ihr das erste Mal. Sie trug die Nofretete-Kette. Ein paar Tage lang „beschnupperte“ sie mich und mochte mich offenbar, denn nach wenigen Tagen schenkte sie mir die Kette, von der ich später erfuhr, dass sie diese schon sehr lange hatte und sehr gern mochte. Auch wenn die Ehe mit meinem ersten Mann längst geschieden ist und ich sehr glücklich mit dem weiteren Verlauf meines Lebens ohne ihn bin, war die Kette immer noch ein besonderes Schmuckstück für mich. Auch mein Sohn mochte sie, so dass ich insgeheim vorhatte, sie einmal seiner Braut zur Hochzeit zu schenken, sofern es einmal dazu kommen sollte.

Verwegen, wehrhaft und rebellisch – ein Schwert ohne religiöse Bedeutung

Ein weiteres besonderes Stück ist ein Anhänger in Form eines Schwertes aus 585er Gelbgold, das sich wie ein tolles Spielzeug aus einer filigran durchbrochen gearbeiteten und mit Saphir, Smaragd und Rubin verzierten Schwertscheide ziehen lässt, zumindest so weit es das kleine Sicherheitskettchen zulässt. Etwa so wie bei diesem (deutlich gröber gearbeiteten) Modell aus Silber, oder bei diesem sehr edlen Modell aus Weißgold, die beide bei Ebay zum Verkauf stehen. Ich habe ihn 2000 während eines Urlaubs in der Türkei erstanden. Später habe ich herausgefunden, dass es vermutlich das Zülfikar des islamischen Imam Ali darstellen soll, der von den türkischen Aleviten besonders verehrt wird. Jedenfalls wurde ich einige Male von Türken darauf angesprochen, ob ich Alevitin sei, nachdem sie verstohlen auf mein Dekollete geschaut hatten. Ich fand das Schwert ganz ohne jeglichen religiösen Bezug einfach toll, es sah ein bisschen verwegen, wehrhaft und rebellisch aus – und so ein Bild wollte ich schon immer gern von mir vermitteln.

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Ein Granatring dafür, dass ich mich nicht unterkriegen lasse

Eine besondere Erinnerung verbinde ich auch mit meinem wunderschönen Granatring aus 585er Gelbgold mit einem großen Granatsolitär. Ich kaufte ihn mir an dem Tag, als ich 2004 vor dem Sozialgericht einen Prozess gegen das Arbeitsamt gewonnen hatte. Dazu muss man wissen, dass ich bis Ende 2002 in einem kleinen Medizinverlag als Redakteurin angestellt war, der mich gern loswerden wollte. Da ich als langjährige Mitarbeiterin und alleinerziehende Mutter Kündigungsschutz genoss, setzte man mich kurzerhand mit gemeinen und unzutreffenden Unterstellungen an die Luft – fristlos wohlgemerkt, und wohlwissend, dass ich auf diese Weise vom Arbeitsamt erst einmal für drei Monate gesperrt würde und für diese Zeit vom Kindergeld und Unterhaltsvorschuss würde leben müssen. Glücklicherweise hatte ich eine Rechtsschutzversicherung und klagte gegen den Rausschmiss. Mein Arbeitgeber kam mit seiner Masche nicht durch und musste die fristlose in eine fristgerechte Kündigung umwandeln, außerdem erhielt ich eine Abfindung. Das Arbeitsamt aber zeigte sich von der außergerichtlichen Einigung unbeeindruckt und meinte: „Es war ja mal eine fristlose Kündigung, also hast du dir doch irgendwas zuschulden kommen lassen, das eine Sperre beim Arbeitslosengeld rechtfertigt“, schrieb man mir sinngemäß. Ich zog vor das Sozialgericht. Das dauerte. Zwischenzeitlich konnte ich mich erfolgreich als freie Journalistin selbstständig machen und verdiente zum Glück von Anfang an recht gut. Als der Sozialrichter das Arbeitsamt etwa ein Jahr später zur Auszahlung des unberechtigt einbehaltenen Arbeitslosengeldes verurteilte, war das ein sehr befriedigender Triumph für mich – und ein willkommener kleiner Geldsegen. Es war zwar etwas unvernünftig, doch ich ließ zu, dass ich mich in einen wunderschönen Granatring verliebte. Der tolle Ring, dessen oben glatt und unten in der Fassung mit Facetten geschliffener Granat in einer wie eine Krippe geformten Goldfassung sitzt, erinnerte mich fortan immer daran, dass ich mich nicht unterkriegen lasse. Und zwar jedes Mal, wenn ich ihn trug oder auch nur in meinem Schmuckkästchen sah. Klingt vielleicht pathetisch, ist aber so.

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Ein Ring in Form eines Schmetterlings: „It was made forrrrr you!“

Sehr gern mochte ich auch meinen Schmetterlingsring aus Kreta, wo ich im Sommer 2005 mit ein paar anderen, ebenfalls alleinerziehenden Freundinnen und deren Kindern Urlaub machte. Am letzten Tag vor dem Abflug ließ ich mich von den Kiddies breitschlagen, sie zum Souveniershop zu fahren, wo sie ihr verbliebenes Urlaubstaschengeld auf den Kopf hauen wollten. Während die Kinder in dem Touristen-Plastikplunder stöberten, schaute ich mir die Auslage des Juweliers nebenan näher an. Da entdeckte ich einen wunderschönen Goldring, dessen gesamte Front wie ein filigraner Schmetterling geformt war. Ganz ehrlich, ich hatte mir schon länger genau so einen Schmetterlingsring aus Gold gewünscht. Ein paar verschiedene Modeschmuckringe aus Messing in Form von Schmetterlingen hatte ich mir schon zusammengesammelt, so ähnlich sollte auch mein Traumring aus Gold aussehen. Und im Schaufenster des kretischen Juweliers sah ich ihn dann. Eigentlich wollte ich kein Geld für Schmuck ausgeben, doch ich dachte mir: „Hey, es ist der letzte Tag heute. Ich werde ihn einfach mal anprobieren, wahrscheinlich hat er sowieso nicht meine Größe. Und für eine Umarbeitung ist so kurz vor dem Abflug keine Zeit mehr. Es kann also gar nichts passieren, ich werde ihn nicht kaufen.“ Ich betrat den Laden und bat darum, den Schmetterlingsring einmal anstecken zu dürfen. Der Juwelier nahm den Ring, steckte ihn an meinen linken Mittelfinger. Der Schmetterling passte wie angegossen, der Juwelier nahm meine Hand, schaute mir in die Augen und sagte mit stark rollendem rrrr: „It was made forrrr you!“ Bezahlen musste ich natürlich trotzdem, doch ich war sehr zufrieden mit meinem Kauf. So zufrieden, dass ich mir in meinem nächsten Urlaub im Sommer 2006 in der Türkei nach dem Vorbild des Schmetterlingsrings einen passenden Anhänger fertigen ließ. Ich trug den Anhänger an einer Kette an dem Tag, als ich den Elmshorner Nachrichten ein Interview zum Thema Willkommensteam für Flüchtlinge in Elmshorn gab, auf dem Foto in dem Artikel ist er ganz gut zu sehen. Den Schmetterlingsring muss man sich ungefähr so vorstellen, als hätte man den Anhänger rund um einen Finger gehämmert und hinten mit einem Steg verbunden.

Ich möchte mich zu Hause unbefangen und sicher fühlen

Ich beschreibe die Schmuckstücke natürlich unter anderem deshalb etwas genauer, weil ich ganz ein bisschen die Hoffnung hege, dass sie vielleicht irgendjemandem einmal begegnen und dass er oder sie sich dann an meine Geschichte erinnert und mich oder die Polizei verständigt. Denn natürlich möchte ich meinen Schmuck gern zurückhaben. Ich habe zwar eine Hausratversicherung, die bereits verständigt ist und den materiellen Schaden hoffentlich ersetzten wird. Es gibt Menschen, die sich mit weit gravierenderen Problemen herumschlagen müssen. Es ist schließlich „nur“ materieller Schaden, der mich in meiner Existenz überhaupt nicht beeinträchtigt. Ich weiß natürlich auch ohne meinen Granatring, dass ich mir Ungerechtigkeiten nicht einfach bieten lassen muss. Und ich werde meiner Nichte und meiner irgendwann einmal zukünftigen Schwiegertochter auch sicher andere schöne und denkwürdige Geschenke machen können. Doch darum geht es nicht. Da ist jemand in unser Heim eingedrungen, in dem wir mich bislang unbefangen und sicher gefühlt haben. Ich weiß, dass sein Interesse nicht uns galt. Doch er hat Dinge gesehen, die nur uns betreffen und ihn nichts angehen. Er ist durch unser Zuhause gegangen mit geierndem Blick und dem ungeduldigen Gedanken „Wo hat die Alte ihren Schmuck?“. Ich bin ein offener Mensch und lasse gern und ohne übertriebene Vorsichtsmaßnahmen neue Menschen in meine Welt und auch in mein Zuhause eintreten. Das möchte ich auch weiterhin so halten. Doch ich möchte immer selbst entscheiden, wer Zutritt erhält. Leider empfinde ich nach diesem Einbruch unsere mittlerweile notdürftig geflickte Terrassentür nicht als Tor zu unserem schönen Garten und in die Welt da draußen, sondern als Einfallstor. Ich hoffe, dieses beklemmende Gefühl wird sich wieder legen.

Wir waren zwar schusselig, aber wir tragen keine Schuld!

Der feige Dieb hätte sich nicht in unser Haus gewagt, wenn wir zu Hause gewesen wären. Wenn nicht von außen relativ eindeutig sichtbar gewesen wäre, dass wir verreist sind. Denn dummerweise hatten wir vergessen, das Abendblatt für die paar Tage unserer Abwesenheit abzubestellen. Es türmten sich also ein paar Zeitungen in unserem Briefkasten. Mein Mann macht sich deswegen Vorwürfe: „Ich bin Schuld, dass dir nun dein Schmuck fehlt, weil ich nicht daran gedacht habe, die Zeitung abzubestellen.“ Als er das sagte, wurde ich fast ein bisschen wütend. Denn natürlich ist nicht er Schuld an dem Einbruch, sondern der Einbrecher. Er war es, der unsere verschlossene Terrassentür aufgebrochen hat und unberechtigt in unser Haus eingedrungen ist um sich Dinge zu nehmen, die ihm nicht gehören. Er ist dafür verantwortlich, dass wir vergangene Nacht schlecht geschlafen haben, weil wir von jedem Sturmgeräusch draußen hochschreckten. Oder dafür, dass mir meine Sinne immer wieder einen Streich spielen und ich klirrende Scheiben höre, wo keine Scheibe zu Bruch gegangen ist. Würden wir uns dafür schuldig fühlen, dann hätte das die gleiche Qualität, wie einer Frau eine Mitschuld an ihrer Vergewaltigung zu geben, nur weil sie einen kurzen Rock getragen hat. Und das ist bekanntlich größtmöglicher Quatsch.

Meinen größten Schatz kann mir keiner so schnell stehlen!

Zum Glück hat Christoph das nach meinem Vergleich dann auch eingesehen. Ein schlechtes Gewissen hatte er trotzdem noch – oder er wollte mich einfach ein wenig aufheitern. Jedenfalls überraschte er mich heute mit einem wunderbaren Vier-Gänge-Menü zum Abendessen: Tomaten-Ziegenkäse-Salat, Spinatsuppe, Rinderbraten mit Steckrübenstampf, und zum Dessert Honigjoghurt mit Walnüssen. Alles stilvoll serviert mit Rotwein, Kerzenlicht und Stoffservietten. Auch wenn mein Goldschmuck nun weg ist – meinen größten Schatz kann mir so schnell keiner stehlen. Und darüber bin ich sehr glücklich.

 

4 Kommentare zu “Riesenschreck im neuen Jahr: In unser Haus wurde eingebrochen!

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