In der Lokalpresse wurde schon mehrfach über Patricia Capurso und ihr Engagement gegen dunkle „Angst-Orte“ in Elmshorn berichtet. Die Berichte haben mich neugierig gemacht, also habe ich mich selbst auch einmal mit ihr getroffen. Bei einem langen Spaziergang durch Elmshorn unterhielten wir uns über unheimliche Ecken in Elmshorn und über Freud und Leid des Ehrenamts.
Wer als Berufspendler sein Auto auf dem Park&Ride-Parkplatz am Bahnhof abstellt, der kennt den schmalen gepflasterten Weg, der von der Parkpalette hinter Holz Junge zu den Gleisen führt. Ein bisschen „ab vom Schuss“, im Sommer vom angrenzenden Gebüsch in der Böschung dicht bewachsen. Und genau das war das Problem – zumindest bis Patricia Capurso (24) sich der diversen „Angst-Orte“ in Elmshorn angenommen hat. Patricia selbst spricht allerdings lieber von „Problemzonen“, weil das ein bisschen witziger klingt – und weil ein Problem schließlich eine Sache ist, die man auch lösen kann. Indem man Büsche zurückschneidet, defekte Lampen ersetzt oder neue Lampen aufstellt.
„Ich mag nicht nur auf dem Sofa sitzen und meckern“
Seit Ende Oktober 2015 ist Patricia aktiv. Sie selbst ist zwar glücklicherweise noch nie überfallen worden, doch die eine oder andere unangenehme Begegnung am Weg hinter den Bahngleisen hatte auch sie schon. Und sie kennt Geschichten von weiteren Frauen, die zwischen Parkpalette und Steindammpark bedrängt wurden; am Steindammpark hat es auch eine Vergewaltigung gegeben. Als wir uns an den Treppen treffen, die von den Gleisen hinunter zur Parkpalette führen, wirkt das Umfeld zwar nicht bedrohlich. „Doch das liegt daran, dass die Bäume und Büsche inzwischen kahl sind, im Sommer sieht das ganz anders aus.“ Außerdem ist das Gebüsch inzwischen auf Patricias Initiative hin deutlich zurückgeschnitten worden. „Ich habe mir Gedanken gemacht, was zu tun ist und dann bei der Stadtverwaltung angerufen und mich durchgefragt“, erzählt Patricia. „Ich mag es nicht, wenn Leute vom Sofa aus meckern und selbst aber nichts unternehmen möchten.“ Wenn man sich einmal mit den Verantwortlichen unterhalte, dann verstehe man auch, warum nicht jede kaputte Lampe sofort ersetzt werden kann: „Ich habe inzwischen erfahren, dass es in ganz Elmshorn 4.500 Straßenlaternen gibt, doch nur zwei Mitarbeiter der Stadtwerke, die sich darum kümmern. Ist doch klar, dass die nicht immer überall sein können.“
Man kann doch bei der Stadt anrufen und defekte Lampen melden!
Die Menschen der Stadt sollten also selbst die Augen offenhalten und der Stadt Missstände mitteilen, findet Patricia. „Aber vielen schien bislang gar nicht klar zu sein, dass man bei der Stadt auch anrufen und Bescheid sagen kann.“ Daher postete sie in mehreren Facebook-Gruppen, man möge ihr „Angst-Orte“ in Elmshorn melden, damit sie diese Informationen an die Stadtverwaltung weitergeben kann. „Ich habe die Nachrichten nicht gezählt, doch etwa 40 bis 50 Leute werden es wohl gewesen sein, die sich bei mir gemeldet haben“, erzählt Patricia. Bei der Stadt stieß sie mit ihrem Anliegen auf offene Ohren. „Ich war selbst ganz überrascht, dass ich schon nach zwei Tagen einen Ortstermin hatte, bei dem ich Mitarbeitern der Stadt die Stellen zeigen konnte, die ich unsicher finde.“ Auch mit Stadtrat Dirk Moritz hat sie sich getroffen, der begeistert von ihrem Engagement war. „Ein richtig netter Typ“, meint Patricia.
Die Stadt Elmshorn stellt 26.000 Euro für neue Straßenlaternen bereit
Mittlerweile wurden für 2016 insgesamt 26.000 Euro bewilligt, damit im Steindamm- und im Krückaupark neue Laternen aufgestellt werden. Denn gerade im Krückaupark gibt es zwar Laternen, doch sie spenden nur ein gelbliches, nicht besonders weit reichendes Licht. „Schummerlampen“ nennt Patricia sie. Bei etlichen von ihnen ist außerdem die Glühbirne defekt, wie wir bei unserem Spaziergang feststellen. Dabei geht es ihr nicht darum, alle Straßen und Waldwege komplett auszuleuchten. „Man kann nicht erwarten, dass auf jeden Feldweg alle paar Meter eine Laterne steht. Aber im Innenstadtbereich und auf den Wegen, die Menschen zur Arbeit zurücklegen, da sollte es hell und sicher sein“, findet Patricia.
„Ich wollte einen Kuchen backen, jetzt soll ich eine Konditorei eröffnen“
Ihr Projekt hat mittlerweile eine Eigendynamik angenommen, die sie überrascht und manchmal auch ein bisschen überfordert: „Ich werde immer wieder von Leuten angerufen, die mir weitere Orte mitteilen wollen. Tagsüber, wenn ich auf der Arbeit bin, muss ich aber jedes Mal aus dem Raum gehen, damit ich ungestört telefonieren kann. Die Zeit muss ich dann von meiner Mittagspause abziehen“, sagt Patricia. Viele scheinen auch zu glauben, dass sie diese Aufgabe nun hauptamtlich ausführt. „Um es mal so zu sagen: Ich wollte eigentlich nur einen schönen Kuchen backen, doch nun erwartet man von mir, dass ich gleich eine Konditorei eröffne.“ Dabei ist sie eigentlich schon zufrieden mit ihrer Bilanz: „Es wurde schon einiges gemacht, es werden neue Lampen aufgestellt – und viele Bürger haben durch meine Aktion begriffen, dass sie selbst ebenfalls bei der Stadt anrufen und Dinge melden können.“
Eigene Facebook-Gruppe, Selbstverteidigungskurs, Smartphone-App
Dennoch wird Patricia dem Projekt „Problemzonen“ so schnell nicht den Rücken kehren. Gemeinsam mit dem Glückstädter Werbefachmann Marian Prill arbeitet sie an einer Smartphone-App, mit der man bundeweit unsichere oder dunkle „Problemzonen“ melden kann. Auf Facebook gibt es mittlerweile die Gruppe mit demselben Namen, der NDR will über sie berichten, und für Januar hat sie einen Wochenend-Selbstverteidigungskurs für Frauen organisiert. Nachdem der eigentlich vorgesehene ehrenamtliche Trainer abgesprungen ist, wird sie den Kurs aus eigener Tasche finanzieren: „Ich hatte den angemeldeten Frauen doch versprochen, dass der Kurs kostenlos sein wird.“
Da sage ich nur: Was für ein tolles Mädel – Hut ab! Liebe Patricia, ich wünsche dir, dass du dir deinen Elan bewahrst, mit dem du an die Dinge herangehst, die dir wichtig sind. Lass dich nie von denen ärgern, die auf dem Sofa meckern. Denn das sind nicht die Leute, die etwas verändern in dieser Welt.