Der Kreis der Ehrenamtlichen, die Flüchtlingen in Elmshorn den Start erleichtern möchte, wächst weiter an. Nun haben sich der Gruppe auch einige Flüchtlinge angeschlossen, die bereits eine Weile hier leben und ihren Landsleuten helfen möchten, kulturelle und sprachliche Barrieren zu überwinden.
Am 27. November 2014 fand im Personalkeller des Elmshorner Rathauses ein weiteres Treffen des Elmshorner Willkommensteams für Flüchtlinge statt, über das ich hier vor einer Weile schon berichtet hatte. Es waren seit dem letzten Treffen noch einige neue Gesichter dazugekommen. Besonders freuten wir uns, dass unter den „Neuen“ auch einige Flüchtlinge aus Syrien, Palästina, Afghanistan und Iran waren, die bereits seit einer Weile hier in Elmshorn leben und inzwischen genug Deutsch gelernt haben, um neu eintreffenden Landsleuten ebenfalls beim Überwinden kultureller und sprachlicher Barrieren helfen zu können. Darunter übrigens auch der Syrer Renas Murad, über dessen Flucht in einem Schokoladentransporter kürzlich auch in den Elmshorner Nachrichten zu lesen war. Für mich war der 27. November seit geraumer Zeit das erste Mal, dass ich wieder Gelegenheit hatte, Farsi (Persisch) zu sprechen. Meine Güte, ich war ganz schön eingerostet und musste tief in meinen Hirnwindungen nach Vokabeln suchen, die mir früher ganz leicht auf der Zunge lagen. Doch das wird sich im Laufe der Zeit sicher wieder bessern, auch darauf freue ich mich.
Unsere Botschaft an die Flüchtlinge: Hier gibt es Menschen, die neugierig auf euch sind!
Wie die einzelnen Mitglieder des Willkommensteams ihren Kontakt zu den Neu-Elmshornern gestalten, wird sich im Einzelfall zeigen. Martina Sözen vom Elmshorner Amt für Bürgerbelange betonte, dass nicht jeder der neu eintreffenden Flüchtlinge tatsächlich Betreuungsbedarf hat: „Manche der Flüchtlinge haben Familie oder Bekannte hier in der Gegend und benötigen keine Hilfe des Willkommensteams.“ Andere hingegen seien in der fremden Umgebung noch hilflos, wenn es darum geht, ein Kind im Kindergarten oder in der Schule anzumelden, einen Arzttermin zu vereinbaren oder Missverständnisse mit den Wohnungsnachbarn zu klären. Viele Flüchtlinge seien auch ganz einfach froh zu wissen, dass es Menschen gibt, die neugierig auf sie sind, sie willkommen heißen und ihnen ein offenes Ohr anbieten. Wann immer ein Neuankömmling signalisiert, dass er gern Kontakt mit dem Willkommensteam aufnehmen möchte, können Martina Sözen und ihre Kollegen nun auf einer Liste nachschauen, welche Mitglieder des Willkommensteams zu welchen Zeiten zur Verfügung stehen – und vielleicht ist sogar jemand darunter, der die Landessprache des Neuankömmlings beherrscht.
Wollen wir die Flüchtlinge verändern? Wo sind unsere Grenzen der Toleranz?
Nicht ganz einig waren sich die Mitglieder des Willkommensteams in der Frage, wer sich wem anpassen und wer auf wessen kulturelle Besonderheiten mehr Rücksicht nehmen sollte. Kathrin Huber von der Diakonie des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf, die mit ihrer Familie 13 Jahre lang in Pakistan gelebt hat (auch hierüber war übrigens kürzlich in den Elmshorner Nachrichten zu lesen), bat die Mitglieder des Willkommensteams, sich auf die andere Kultur des Gegenübers einzulassen und kulturelle Unterschiede – zum Beispiel beim Verhältnis zwischen Mann und Frau oder beim Verständnis von Pünktlichkeit – zu respektieren: „Wir sollten nicht sauer sein, wenn sie sich anders verhalten als wir es erwarten.“ Nicht alle mochten diese Haltung hundertprozentig teilen: „Wir müssen den Flüchtlingen doch auch klarmachen, welche Regeln hier in Deutschland gelten, sonst werden sie dauerhaft Probleme haben“, wandte ein Ehepaar ein.
Auch wir sind Individuen mit unterschiedlichen Wertvorstellungen
In meinen Augen ist das aber kein Widerspruch: Was spricht dagegen, die Flüchtlinge zunächst einmal willkommen zu heißen, und zwar mit genau dem kulturellen Hintergrund, aus dem sie sich mehr oder minder unfreiwillig lösen mussten? Wenn es mich nach dem zweiten oder dritten Treffen dann nervt, dass jemand zum Beispiel ein anderes Zeitverständnis hat als ich und mich deshalb immer eine Stunde warten lässt, dann kann ich ihm immer noch erklären, dass die meisten Deutschen Wert auf pünktliches Erscheinen legen und dass er sicher auf Dauer besser damit fährt, sich an diese Gepflogenheiten anzupassen. Doch die gruppeninterne Diskussion offenbarte eben auch, dass wir im Willkommensteam – so sehr uns auch unsere Bereitschaft eint, Flüchtlingen zu helfen – ebenso wie die Flüchtlinge Individuen sind. Individuen mit unterschiedlichem persönlichen und kulturellem Hintergrund, mit unterschiedlichen Wertvorstellungen und unterschiedlichen Grenzen der persönlichen Toleranz. Und ich finde das ehrlich gesagt überhaupt nicht schlimm.
Weihnachtsfeier, Facebook-Seite und eigene Homepage
Als nächstes freue ich mich sehr auf unsere gemeinsame Weihnachtsfeier, bei der die Mitglieder des Willkommensteams bei Kaffee und internationalen Häppchen einige der Flüchtlinge kennen lernen können. Außerdem freue ich mich, dass unser Team mittlerweile eine Facebook-Gruppe gegründet hat und sich zum Beginn des neuen Jahres zusammensetzen und eine eigene Homepage in Angriff nehmen wird. Die Homepage soll zur Vernetzung und zum Austausch von Informationsblättern und anderen Unterlagen dienen. Ein Infoblatt zum Thema Mülltrennung in verschiedenen Sprachen hat das Amt für Bürgerbelange bereits entwickelt – und es wird uns Willkommenshelfern sicher nützlich sein, wenn wir Flüchtlinge in die Geheimnisse des Gelben Sackes einweihen wollen…